In meinem Bett schreibt sich‘s sehr angenehm, vor allem bei diesem Sauwetter draussen. Herrlich warm unter der Decke. Herrlich dieser Regen, denken wohl die Pflanzen draussen.
Abenteuer
Pilleli
Da liegen sie nun, die drei verschieden farbigen und formigen Pillen vor mir, welche ich zurzeit täglich schlucken muss. Ich komme mir vor wie eine... ach herrje, bald bin ich’s auch, es geht schneller als man denken kann. Und dann hab ich’s auch: das Sieben-Tage-Büchsli,
Mo Di Mi Do Fr Sa So,
leider keine Haribo.
Und hopp, mit ein bisschen Wasser, sind die drei Pilleli runtergeschluckt. Nicht zu vergessen, dass an meinem Arm noch ein Medizinalpflaster klebt. Ein ernsthaftes. Von den drei Pillelis sind zwei Vitamine, die dritte ist fürs Herz. Auch eine ernsthafte. Damit ich noch lange lebe. Da kann ich gleich ein lustiges Geschichtli dazu erzählen. Nämlich , dass der Dökti fand, ich müsse die Ration der Herzpille verdoppeln. Also zwei von denen, welche ich nehme. Das hab ich dann brav gemacht, hopp, täglich zwei runtergeschluckt, und mir, als die Packung leer war, mit dem neuen Rezept in der französischen Apotheke zum Viertel vom Schweizer Preis eine neue Packung geholt. Und hopp, ein bisschen Wasser, da sind die zwei Neuen auch schon runtergeschluckt. Ich seh aufs Schächteli. 5mg. Mal zwei gibt 10mg. Waren die alten nicht zusammen 5mg? Hm. Ich ging im Abfall graben. Tief durch meine letzten Tage hindurch, igitt, denn so Aluminium fällt gerne nach unten. Aber wer gräbt der findet. Dann fehlte noch die Lesebrille…mal sehen: 2,5mg steht da. Huch. Die 4 fache Ration habe ich soeben geschluckt. Jessesmaria! Was nun?
Ich steckte meinen Finger in den Hals, autsch, aber mehr ging gar nicht. Ein Glas Wasser und nochmals, auch nichts. Zum Glück wollte ich nie Bulimie haben!
Dann las ich auf Google. Gar nicht lustig. Die versprachen mir den Tod. Von Atemstillstand bis zu Herzversagen: sofort einen Arzt oder am besten in die Notfall. Und ja nicht Autofahren.
Es war Samstag. Da kam nur die Notfall in Frage.
Hü, Chanti, Hü, unter die Dusche, und mit nassen Haaren rannte ich danach auf den Distribüs. Meine Freunde u Arbeitgeber wurden vor meinem eventuellen baldigen Tode informiert, oder knapp davor, mindestens im Koma, denn ich sah mich schon bald im Spital an den Schläuchen hängend, mit Ärzten rund um mich herum zur Reanimation. Im Dornröschenschlaf.
Der Bus hielt vor dem Spital in Basel. Ich eilte in die Notfall, bevor mein Atem und Herz stillstehen würde. Zum Glück war nicht viel los. Nach kurzem Ausfragen wurde ich sofort an ein Blutdruck-Messgerät gehängt und: 120 auf 165! Kein Wunder bei dieser Todesangst! Ich glaube, beim Anblick dieser Zahlen, ging mein Blutdruck grad noch e weeneli runter. Nun, ich wurde nochmals ausgefragt u dann einem Notfall-Hausarzt zugeschrieben, langsam spürte ich meinen tiefen Blutdruck. Der Atem ging noch gut. Eine halbe Stunde später war ich schon wieder an einem Blutdruck-Messgerät, 95 auf 135. Naja. Was ist jetzt mit dem Herzstillstand? Dann kam der Arzt lächelnd und meinte, so eine Ration könne einem nichts schlimmes antun, höchstens mich mal in den Chillmodus versetzen. Aha. Dann doch keine Schläuche. Aber noch nicht Auto fahren, weiter beobachten, am Nachmittag sei dann alles wieder möglich. Soso.
Und so war’s dann auch. Voll gechillt, vorerst mal psychologisch, ging ich in die nächste Confiserie, bestellte einen Cappuccino mit einem Schoggiweggli, und genoss das gechillte Dasein. Es fühlte sich schon fast an wie eine Wiedergeburt. Dann trödelte ich durch die Stadt, sah gechillt die Schaufenster an, immer noch in Erwartung, jetzt doch vielleicht noch im Stehen einzuschlafen oder weniger Luft zu haben. Aber ich lief aufrecht mit gesundem Atem und flanierte bis zum Bahnhof, wo ich den Zug zurück nahm. Zu Hause war ich dann so gechillt und erledigt, wohl von der Aufregung, dass ich eine Runde schlafen ging. Mein Blutdruck Messgerät war auch im Chillmodus. 70 auf 110.
Am Nachmittag ging ich zu Serafino, und danach musste ich nochmals schlafen gehen bis mich mein lautes Schnarchen aufwecken liess. Der Blutdruck war zwar immer noch im unteren grünen Bereich, mein Verhalten fand ich aber eher alarmierend. Schnarchend einen Samstag Nachmittag verbringen ist ja so was von unbrauchbar. Da frage ich mich ja nach dem Sinn des Medikamentes. Oder dem Sinn des Gesundheits-Zustandes.
Längeres schnarchendes Dahinvegetieren oder kürzeres waches auf die Pauke hauen?
Der Dökti meinte dann ein paar Tage darauf, meine Notfall-Aktion kommentierend, die doppelte Ration reiche vorläufig. Man wolle ja noch was vom Tag mitbekommen. Uff. Das meine ich auch. Und vom Leben !
Gläslein
Rucksack
Tulpen
Mist
Haben oder Sein?
Velöli
Bolognese
Sylvester
Nun liege ich auf einem fremden Sofa in den Bergen. Die Elektroheizung bläst, das alte Haus knirsch und mein Magen knurrt. Ich traue mich gar nicht wirklich was zu essen. Ich bin überzeugt, in allen Kurven meines Darmes hängen noch Überreste aus den unendlich vielen Vor- Während- und Nach-Weihnachtsessen
Kla Kla Kla Kla
müde
Ich frage mich langsam, ob ich in einer Depression odes so was ähnlichem stecke. Denn es ist Freitag Abend oder sogar schon Nacht, und ich liege seit siebzehn Uhr, nein nicht auf dem Sofa, noch schlimmer: Im Bett. Ein weeneli geschlafen habe ich auch. Eigentlich als Pre-Siesta gedacht. Aber ich ahnte schon bevor ich mich unter der Decke verkroch, dass ich es nicht mehr hervor schaffe. Höchstens um meinen Magen zu bändigen.
Ich hätte an ein Konzert gehen wollen, es wäre auch eine Party mit all meinen Freundinnen in vollem Gange, mein Mann an meiner Seite hätte mich auch gerne an seiner Seite gehabt, … Aber ich war und bin nur müde im Bett geblieben. Und da bin ich immer noch. Wie gesagt, ein kurzer Gang Richtung Küche und zurück. Schon nur der Gedanke, die Haustür zu öffnen und in die Kälte zu treten, liess in mir einen Schwall von noch mehr Müdigkeit aufkommen. So kroch ich wieder ins Bett zurück.
Mein Motto ‚wenn ich tot bin, kann ich noch genügend schlafen’ scheint momentan ganz und gar nicht zu passen. Vielmehr habe ich den Eindruck, dass das Leben an mir vorbeizieht, wie eine Lokomotive, und ich mag nicht mit einsteigen. Ich bin ganz wohlig auf dem leeren Peron. Am Bahnhof zurückgeblieben. Ohne Wehmut. Sondern mit Gemütlichkeit.
Bei dem Wort kommt mir gerade Balu, der Bär in den Sinn. Der ist jetzt wohl auch am Schlafen. Bären machen es richtig. Die verkriechen sich, wenn’s kalt wird und kommen wieder hervor, wenn’s warm wird. Nun, da kommt mir wiederum in den Sinn, dass ja bei uns alle Bären ausgerottet wurden. Und sobald wieder einer es wagt, seine Pfoten aus dem Ausland über die Grenze zu setzen, wird er alsbald mit Schrot in den ewigen Schlaf befördert. Arme Bären.
Der Gedanke an diese Ungerechtigkeit macht mich gerade noch mehr müde. Allgemein machen mich Ungerechtigkeiten müde. Und deren gibt’s momentan viel zu viele auf dieser Welt.
Somit verabschiede ich mich von diesem Lebenstag und wünsche allerseits : Gute Nacht.