Bolognese

Nun liege ich auf dem Sofa und in der Küche brutzelt mein zweiter Versuch. Wohl zum zweiten Januar. Der erste Versuch war eine Sauce Bolognese, mein letztes heiliges Bio-Gehacktes vom Stift Olsberg, Bio Rübli, Lauch, Zwiebeln und Knoblauch mit viel Liebe fein gehackt, in Butter langsam angebraten, tomatiert, das aufgetaute Fleisch dazu, mit feinem Rotwein abgelöscht, und dann die selbstgemachte Passata….. schwups…. Blubber Blubber…. Nanu? … rühr…. probieren…. Igitt…. die Passata war passé! Fermentiert. Die Sauce war dahin. Ich hätte heulen können!

Somit fing ich nochmals von vorne an. Zum neuen Jahr darf man nicht gleich aufgeben, anstatt Hackfleisch wurden die letzten heiligen Schweinswürste aufgetaut, nochmals Gemüse fein gehackt und langsam angebraten, nochmals tomatiert usw, dieses Mal sorgfältig die Tomatenpassata vorher probiert, alles im grünen Bereich.

Und jetzt wird geschrieben.

Eigentlich wollte ich nicht mit Gejammer anfangen, sondern mit der Vorfreude der Bolognese. Ich war zuvor nämlich wieder mal auf Instagram versumpft, es ist so unendlich spannend, und verlor mich in Kochanleitungen. Da kochte ein Bologneser Bolognese. Das liess mein Magen knurren und mich zum Aufstehen bewegen. Und während ich da so schnipselte und anbriet, dachte ich über die feine Kürbis-mal-anders-Suppe und den feinen Feigen-Chili-Chutney nach, welcher wir über die Silvestertage serviert bekamen. Beide Rezepte wurden von ChatGPT kreiert. Gekocht vom Mann meiner Coucousine, welcher laut ihrer Aussage „alles mit dieser künstlichen Intelligenz macht“.

Ich selber bin diesem Tool noch ein bisschen, wie soll ich das nennen, finster eingestellt. Skeptisch wäre falsch, denn das kann sicher mehr, als ich gerne hätte, negativ auch, denn solch eine Maschine, welche das Ganze Internet absucht, um eine unserer Fragen zu beantworten oder besser gesagt zu lösen, ist ja nichts negatives. Und da sind wir am Punkt angekommen: Negativ.

Ich bin einverstanden: Die Kontroll-, Berieselungs-, -Beeinflussungs- und vor allem Missbrauchsgefahr dieser grossen Internet- und Digital-Tools ist enorm und reell. Unsere Mobiltelefone, mit oder ohne Internet, machen uns für die Telefongesellschaften und somit für den Staat jederzeit auffindbar. Kameras und Mikrofone daran montiert liefern den Rest. Die grossen Software Firmen wissen schon jetzt alles über uns. Und gerade darum meine Frage: Warum ist Instagram doof und ChatGPT schlimm? Sind nicht eher wir doof, die es nicht oder schlecht bedienen können? Die gegen alles Neue sind und nicht merken, wie wir alt werden und der Zug mit den Jungen davonfährt? Anstatt wir mit aufsitzen und den Jungen helfen, damit mit Mass und Vorsicht umzugehen? Sind denn Netflix Serien konsumieren besser als auf Instagram/Tiktok KöchInnen, MusikerInnen, SportlerInnen oder Tänzerinnen zu folgen? Haben wir wirklich das Gefühl, dass diese Menschen, welche sich Mist auf Socialmedia ansehen, auf Netflix sich intellektuelle Filme runterladen oder ein klassisches Konzert hören würden?

Zudem hörte ich mir heute gerade einen Podcast über die Vergesslichkeit an. War der spannend! Etwas liess mich besonders nachdenken. Nämlich dass wir heutzutage viel zu viel wissen wollen und müssen. Und dauernd berieselt werden. Unser Hirn vollstopfen, zustopfen und es somit kein Platz mehr hat für vieles. Zum Beispiel um kreativ zu sein. Oder einfach zu sein und zu sinnieren. Soll doch die künstliche Intelligenz für mich wissen. Ich bin.

Ich stelle mir gerade vor, wenn ich dann irgendwann mal die künstliche Intelligenz benutze, um meine Texte schreiben zu lassen, mir andere Texte mit einer geklonten Stimme vorgelesen werden, mein Kochroboter die Bolognese kochen lasse, danach der Putzroboter aufräumt u das Geschirr macht. Dann liege ich auf dem Sofa oder draussen im Park und schwatze mit meinen Freunden oder spaziere mit Serafino im Wald. Höre mir die Vögelein an, wenn es dann noch welche gibt. Und zur Arneit gehen muss ich dann auch nicht, das macht auch ein Roboter.

Aber nein, bis dann bin ich hoffentlich pensioniert!