Nun liege ich gerädert in der Hängematte. Ich frage mich von was ich gerädert sein könnte. Denn ich war schon beim aufstehen fix und fertig. Und jetzt, haltet euch fest: Ich ging trotzdem joggen. !!!!!!! Diese Ausrufezeichen sind eigentlich nicht genug für die Sensation, dass ich joggen ging. Und zwar das dritte mal schon die Woche!!!!!!!!!! Ich bin nicht mehr gerädert als zuvor, das muss ich gerade auch noch erwähnen, nichtsdestotrotz gönne ich mir einen Cappuccino in der Hängematte. Oder gerade deshalb.
Ihr fragt euch wohl, was passiert ist, dass ich mich aufraffe, dem Jogging, von mir seit je her als langweiligsten Sport ernannt, trotzdem eine Chance zu geben. Daran war Serafino Schuld. Dem kam ich nämlich bei der Bodenarbeit nicht nach und er hat mich schon fast ausgelacht. Oder besser gesagt ausgewiehert. Darauf lud ich mir eine Jogging App runter. Diese Sensation habe ich ganze zwei Monate feiern müssen.
Zwei Monate später gingen wir aareböötlen, und ich sah den ganzen Tag, im Kanu sitzend, meinen Ranzen vor mir. Am Tag danach schaute ich mir die Fotos an. Was ich da sah, war ähnlich einem Keschtene-Figürchen, welche wir als Kinder mit Rosskastanien und Zahnstocher bastelten, nur war da noch mein Kopf auf diesem Bollen auf zwei Steckenbeinen. Und zwar auf jedem Foto! Ich war so schockiert, dass ich mir sofort meine nie gebrauchten sexy Yogaleggins und das knappe Top dazu, überzog, in die alten Jogging Schuhe, vor ca 15 Jahren wegen meinem hohen Blutdruck angeschafft, nur, wenn überhaupt, für Spaziergänge mit Serafino gebraucht, schlüpfte, die Jogging -App startete und mich auf den Weg machte. „Welcome New Runner“
In der Zwischenzeit, schon das vierte Mal gejoggt („Welcome back, amazing runner“), sogar mit Serafino an der Leine, dazu ein Kilo weniger auf der Waage, liege ich spätabends im Bettli, die Fenster zur Abkühlung sperrangelweit offen und höre plötzlich Musik unten vor meinem Fenster. Ich stehe auf und sehe raus. Huch, ein Clochard schifft an unsere Gebäudefassade. Nun, das geht ja gar nicht! Ich gehe runter. Schimpf! Von aggressiv über demütig, bis er sich entschuldigend und zu guter Letzt lachend, mit Namen vorstellt, schon fast Freundschaft schliesst. So geht mein Schimpf-Besuch zu Ende. Ich gehe wieder lachend rauf. Das nächste Mal werde ich mit ner Flasche Wein runter gehen und mitfeiern. Und vielleicht auch in die (eigenen ) Büsche schiffen. So zum mit-dabeisein-Feeling.
Spass beiseite, nun sind es schon zwei Wochen später, ich liege mit Pasta im Bauch spätabends in der Hängematte, ein orangener Streifen am Horizont kündet die Dunkelheit an. Oder verabschiedet den Tag. Ja, heute Vormittag war ich wieder joggen mit Serafino. Danach gibt’s für ihn entweder Äpfel oder sonst was feines, heute gab’s sein neues von ihm verachtendes sündhaft teures Mineralfutter aus England (Brexit ahoi) mit Hafer vermischt.
Und ich ernähre mich von meinem Stolz.
Nicht, dass ihr meint, ich würde täglich eine Stunde joggen. Nein, die schlanke Rakete, welche heute an euch vorbei joggte, war nicht ich. Meine App ist für Jogging-Hasser wie ich eine bin. Süüfeerli ist die Devise! Damit sie ja nicht aufgeben. Wir sind jetzt bei 5 Minuten warm spazieren, 2,5 segglen, dasselbige spazieren, dann 3 Minuten rennen plus spazieren, grad noch einmal soviel und als vierte und letzte Einheit wieder 2,5 Minuten segglen und danach spazieren. Fertig. Intervalljoggen nennt sich das. Und wenn ihr jetzt denkt, ich hätte nochmals ein paar Kilos abgenommen, dann habe selbst ich mich getäuscht. Muskeln an den Beinen habe ich jetzt aufgebaut. Aber mein Ranzen bleibt. Leider.
Nun bläst ein Wind mir um die Hängematte. Vielleicht sollte ich runter und mal mit einer Wall-Fitness App beginnen. Um meine Bauchmuskeln zu trainieren. Aber für so einen Scheiss muss ich wohl nochmals aareböötlen gehen.
Ob das noch reicht dieses Jahr?