Nun liege ich auf einem fremden Sofa in den Bergen. Die Elektroheizung bläst, das alte Haus knirsch und mein Magen knurrt. Ich traue mich gar nicht wirklich was zu essen. Ich bin überzeugt, in allen Kurven meines Darmes hängen noch Überreste aus den unendlich vielen Vor- Während- und Nach-Weihnachtsessen. Jetzt ist Silvester, es wird gerade noch kurz ausgeruht, somit ich Zeit habe, diese Zeilen zu schreiben, bevor es mit den diversen Neujahrssausen losgeht. Dazu bimmelen nach den Weihnachtsgrüssen jetzt die Neujahrswünsche auf dem Handy. Friede, Freude, Glück und Segen. Ein paar Zeilen, Fotos, Filme, Kitsch oder auch nicht. Dieser Moment des Jahreswechsels, warum der wohl so wichtig ist? „Wie ein Geburtstag“, meint meine Coucousine. „Hauptsache feiern.“ Die Geburt des neuen Jahres. Nun werde ich im Internet nur halb schlau, nämlich dass die Römer den Jahreswechsel schon feierten, und dass der heilige Sylvester, ein Papst im 4. Jahrhundert, den Namen dazu beisteuerte. Und dass die Germanen die Tradition des Silvesterfeuers brauchten, um die bösen Geister zu vertreiben.
Vor ein paar Jahren war ich an einem Sylvester krank und ganz alleine zu Hause. Der Moment des zwölf Uhr Schlagens war ein noch nie dagewesener Augenblick des Beobachtens und Staunens. Kein Angesicht vor mir um „Gutes Neues Jahr“ zu wünschen. Sondern Stille und Dunkelheit in der Wohnung, umringt von Jubel, Trubel, Geschrei, Lichtern, Leuchten, Geknalle und Geböller der Menschen und deren Feuerwerkkörper draussen. Ich befand mich wie in einer stillen Oase oder einem Turm umzingelt vom Geschehen. Und nein, ich fühlte mich weder alleine noch war ich frustriert, nicht dabei sein zu können. Es war gemütlich und gut so wie es war.
Bei uns in den Alpen steht jetzt Raclette bevor, und es warten nebst dem Champagner auch ein paar Knallkörper, um um Mitternacht entkorkt bzw gezündet zu werden. Allen Widrigkeiten zum Trotz. Ein bisschen Lärm und Licht muss sein. Eine jahrhundertealte Tradition; das Bestaunen des glühenden Pulvers, welches sich farbenfroh und laut am dunklen Himmel entfaltet. Und jedes Kinderherz zum Schlagen und Kinderauge zum Glühen bringt. Und die Erwachsenen ebenso.
Nun wünsche ich einen guten Rutsch und eine schöne Silvesternacht mit viel Champagner und vielen schönen Raketli.