Als ich Kind war, liebte ich das Geräusch der ‚Stöckelischuhe‘ meiner Mutter. Die knirschenden Ledersohlen auf dem Asphalt liessen mein Herz höher schlagen. Am schönsten war das Geräusch, wenn, der Asphalt noch leicht feucht, ein wenig Sand oder winzige Steinchen darauf lagen. Das gab dann noch einen Spezialeffekt hinzu. Ich wollte immer auch solche Schuhe besitzen und tragen, damit ich dann mal meinen Schritt selber akustisch bewundern konnte.
Nun habe ich zwar einige Stöckelischuhe mit Ledersohlen, aber leider ist der eigen fabrizierte Sound aus einmetersiebzig Höhe zu vernehmen viel weniger prickelnd, wie von nebenan, an der Hand meiner Mutter, mein Ohr dank meiner Kindergrösse, viel näher am Geschehen. Dazu kommt, dass ich sie selten anziehe. Höchst unbequem. Wie konnte das meine Mutter ertragen? Sie holte sich zuletzt einen Mittelfussknochenbruch. Und das war das Ende meines Knirsch-Ohrenschmauses.
Ein nächster Kinderohr-Traum war das Geräusch klappernder Pferdehufe. Kla-Kla, Kla-Kla, Kla-Kla, Kla-Kla, klapperten die Eisen auf dem Boden. Auch das liess mein Herz höher schlagen. Auf den Merkelböden knarrte es noch dazu. Nur war Serafino eisenlos, und Barhuf klappert es auf dem Asphalt zwar schöner, aber auf dem Merkel tut‘s weh, somit wurden ihm Hufschuhe übergezogen, und dieses Plastik-Gedätsche erinnert eher an Flossen am Schwimmbad-Rand. Höchst unbequem zum Laufen. Also schon rein psychologisch kein Hörgenuss. Sie werden aber bemerkt haben, ich schreibe von Serafino’s Barhuf in Vergangenheit. Denn heute bekam er Eisen verpasst. Da er Kniescheiben Probleme hat. Sozusagen Korrektur-Eisen. Wie bei uns früher Einlagen. Und danach klapperte er im Offenstall rum. Kla-Kla,Kla-Kla. Bald wird er unbeschwert auf Merkelböden klappern. Ich freue mich schon jetzt darauf.
Ich bin mir gerade am Überlegen, was für Geh-Geräusche ich noch mag. Spazieren im kalten, frischen Schnee. Wie knirscht das herrlich!
Ein knarrender Parkettboden? Vielleicht nur, wenn man selber drauf läuft. Und sicher nicht mein Schummel-Parkett; 3mm Eichen geklebt auf billigem Holz, schwimmend verlegt. Fast hätte ich ihn ersetzt, weil ich das Geräusch, welches er hinterlässt, wenn man auf ihm rumläuft, fürchterlich finde.
Es fällt mir ein, dass ich mich im Dia-Beacon-Museum nicht satt hören konnte, als ich in den Kunstwerken von Richard Serra rumspazierte. Jeder Tritt hallte anders. Phänomenal. Ich lief Runden um Runden. Zudem musste man dort nicht die Luft anhalten, da die Kunstwerke frei von Urin waren, im Vergleich zu Serras Oeuvre vor dem Basler Theater. Ob die Männer hier wohl so gerne reinschiffen, weil’s überall so anders klingt? Wer also in den Genuss des Serra-Schrittklanges, am Besten mit harten Sohlen oder stampfend, kommen möchte, und nicht gerade in der Nähe von New York wohnt, sondern bei Basel, muss vor dem Betreten des Kunstwerkes vor dem Theater Basel also tief Luft holen, vielleicht zu Hause noch ein bisschen vorüben, und die Luft bis zum Schluss anhalten. Es lohnt sich klanglich und behaglich!
Nun gehe ich zu Hause über meinen Berber Teppich. Der klingt zwar nicht herrlich, aber das Gefühl, auf diesem flauschigen Wolluntergrund zu gehen, ist so was von angenehm. Am besten barfuss. Ich freue mich jeden Morgen, meine Füsse auf dieses flauschige Objekt zu setzten, die Zehen darin versinken zu lassen und meine ersten Schritte des Tages mit so viel Wonne ausüben zu dürfen.