Ich liege wieder mal auf meinem Sofa. Neben mir steht wieder mal ein Cappuccino. Gestern lag ich auch noch auf dem Sofa. Neben mir kein Cappuccino, denn es war Samstag Nacht. Elf Uhr. Auch kein Cocktail.
Nebel
Es ist halb elf Uhr und ich liege schon seit fünf Uhr im Bett, von Serafino heim gekommen, vom Platzregen überrascht mit nassen Haaren, döggele in meinem Handy rum, lese danach « la panthère des neiges », freue mich über die warme Wohnung, die Ruhe drinnen, das Leben draussen. Sinniere meinem Leben, dem Leben anderer und dem Leben allgemein nach.
Alle (Neu)Jahre wieder
Es ist jede Weihnachten die gleiche Leier. Viel zu viel gegessen. Viel zu viel rumgesessen. Und im neuen Jahr, in unserem Alter ohne Vorsätze, die hat man abgeschafft oder eben schon verinnerlicht, oder zum Ritual erkoren, hetzt man seinen Körper durch die Landschaft. Der arme wusste grad gar nicht, wie er das anstellen soll,
Hust
Wenn man so eine Woche krank rumliegt hat man gar keine Lust mehr, aufzustehen. Ich glaube meine Muskeln sind im Winterschlaf. Schon nur der Gedanke, sich in „anständige“ Kleider zu zwingen, ich kann es nicht anders sagen, umhüllt mich mit einer Müdigkeit sondergleichen. Ich mag schon fast nicht mehr tippen. Dann versuche ich zu schlafen: Aber der Kopf dreht. Dies und das und dort und so fort. Ich werde mich wohl mit einer imaginären Peitsche aus dem Bett jagen müssen. Hü Chanti hü.
Gesagt getan. Brr, ist ja richtig Winter geworden draussen. Und wie‘s dann so ist, wenn man mit Husten in einen Laden geht: nach zehn Minuten fängt‘s im Hals an zu kitzeln. Unauffälliges Husten in den Schal war angesagt. Nur kitzelt es immer wieder im Hals. Hust hust. Und irgendwann bekomme ich den ultimativen Hustenanfall. Die Tasche dummerweise im Auto, also kein Taschentuch, kein Bonbon, hust hust hust hust. Zum Glück bin ich im Bio-Süpermarché, da sind die Leute cooler wie der Rest der Franzosen. Trotz allem bleibt mir nichts anderes übrig, als den halbvollen Einkaufswagen stehen zu lassen und Hals über Kopf raus zu rennen, um mich bis zum Auto entspannt (oder wie auch immer) auszuhusten zu können. Tränen kullern mir die Wange runter. Im Auto drin gibts Taschentücher, Bonbons und, judihui, Hustentropfen! Fünf Minuten später bin ich wieder am Einkaufswagen füllen und eines ist klar: Ab ins Bett danach.
Daheim wartet der Zwiebel-Honig Mix auf mich, U‘s Tip für hartnäckigen Husten. Dummerweise ess ich zuerst die Zwiebelstücke mit, anstatt das ganze zu abzusieben. Heimatstüdeli stinke ich zum Mund heraus und mein Bauch beginnt zu singen. „Neiiiiin, keine Zwiebeln mitessen“ schreibt U. Dumm gelaufen.
Das war gestern. Heute musste ich meine Schülerinnen und die Gitarristen alleine vorspielen lassen und zu Hause Daumen drehen, Kurkuma gurgeln, Honig-Zwiebel-Mix löffeln. Vor mir türmt Echinaforce, Sanddornelixir, und in mir wärmt die Hühnersuppe mit den allerlei gesunden Gewürzen drin. Natürlich von der Pakistanischen Front.
Die Antibiotika- und Kortisongedanken kommen mir wieder. Aber nein, jetzt gurgle ich als Alternative mit Salzwasser. Und träume vom Korallenmeer, den Füssen im Sand,
einem Cocktail in der Hand
und einem warmen Lüftlein
fein.
Kurkuma
Oh, nun hat es mich schon wieder ins Bett gelegt. Bin gestern ein bisschen wackelig arbeiten gegangen, eine Stimme wie eine Kettenraucherin, abends eine Probe mit einem Sack voller sympathischen Flöhen. Danach war mein Mezzosopran bei Hades.
So schwieg ich bis und mit jetzt. Meine pakistanische Nachbarsfee Azra hat mir gestern um zehn Uhr abends einen feinen Tee nach oben gebracht. Rosmarin, Salbei, Ingwer, Pfefferminze, Kardamom, Zimtstange und irgendwelche Samen waren da drin. Eine Zitrone und Salz für danach wurde mitgeliefert.
Nachts kamen die Halsschmerzen. Heizung auf 5 (ja!), ein Seidenfoulard und ein Kaschmirpullover über das warme Pischi waren ein Teil meiner Massnahmen, dazu ein Kamillentee, Propolis-Täfi, Honig und homeogène Lutschtabletten. Aber eigentlich träumte ich von dieser Antibiotika-Kortison-Bombe, welche mich in Brasilien innerhalb von 24 Stunden vom Halbtot in das normale Leben zurück katapultierte. Naja. Aber da war nicht nur meine Stimme in der Nähe von Hades.
Nun schrieb ich die pakistanische Feenfront an. Auf deren Sprachnachricht-Antwort hörte man im Hintergrund den Cousinenrat in Urdu: Mit Kurkuma gurgeln! Aha. Haben sie schon mal mit Kurkuma gegurgelt? Das ist dieses gelbe Pulver, von welchem man sich in hellem Outfit fürchtet. In jedem Masala drin. Also einen Kaffeelöffel Kurkumapulver in warmes Wasser, umrühren und gurgel gurgel. Magie! Das legt sich wie ein Film über den Rachen und die Schmerzen sind weg. Im Nu! Ich glaubte zu träumen. Und der Duft erinnerte mich an den Souk von Marrakech. Und Jeema el-Fna. Da kommt man gleich ins Träumen.
Dann wurden „Zwiebelsamen“, also Schwarzkümmelsamen, nach oben gebracht. Ein paar im Mund zerkauen. Soll die Entzündung nehmen. Wird gemacht. Und mit ein bisschen mehr Tee daraus machen. Wird auch gemacht.
Und ich solle doch mal googeln. Meinten die Feen. Wird auch gemacht. Zuerst noch ein paar Wollsocken aus Dahab an die Füsse, es kann für mich momentan nicht warm genug sein im Bettchen, und es kann losgehen mit googeln. Spannend!
Jetzt weiss ich, warum das Jesuskind Weihrauch und Myrre von den drei Königen bekam. Warum die Perser, Araber und Römer den ‚Besetzern‘ der Gewürzhandelsrouten-Gebiete (zum Beispiel Petra) oder sich gar gegenseitig aufs Dach gaben. Und ja, warum schlussendlich viel später Kolumbus vermeintlich, um Gewürze in Indien zu sichern, in der Karibik landete. Zum grossen Leiden und der fatalen Zukunft dessen Bevölkerung. Dafür schaffte es Vasco da Gama. Nun hatten die Europäer Kartoffeln zum ihre Bäuche voll schlagen, Holz, um ihre Schiffe zu bauen, Gold und Silber um ihre Kassen zu füllen und Gewürze, um das Essen zu bereichern und gesund zu bleiben. Und auf dem Hin- und Herweg wurden noch Menschen eingefangen und versklavt. Praktisch. So viel zur Renaissance.
Aber bleiben wir bei mir hier im Bettchen, wo sich Teetassen, Nastücher und Kräuterwissen ansammeln. Wo meine Äuglein fast zufallen. Und ich von Tausendundeinenacht zu träumen versuche. Und morgen vielleicht mit einem Koloratursopran erwachen werde.
Aber davor noch einmal Kurkuma Gurgeln und Schwarzkümmelsamen zerkauen.
Honighaar
Digitalfall
Einmal volltanken, bitte!
Santé
Einmal Prinzessin bitte!
Wer träumt schon nicht vom Prinzessinnen Dasein als Mädchen. Im schönen Prinzessinnenrock mit silbern oder golden glitzernden Schuhen. Am besten noch mit dem Märchenprinz dazu.
Nun, so was ähnliches habe ich erlebt. Ich musste nur mit dem Flugzeug bis Mauritius. Da war ich nämlich zur Hochzeit eingeladen. Einer indischen Hochzeit. Die dauert drei Tage. Mein guter Freund R, der Bräutigam, indischer Abstammung, in Mauritius geboren und aufgewachsen, war schon fast verpflichtet mich einzuladen. Ich habe ihn nämlich vor vielen Jahren schon halb dazu gezwungen: „Wenn du Mal heiratest, komme ich an deine Hochzeit“. Nun, nach 14 Jahren Freundschaft war es dann so weit. Er lud mich mit meinem „Pascha“, wie A so schön sagt, nicht weil er faul ist, sondern sie mich immer „Prinzessin“ nennt, welche jetzt ihren Pascha gefunden hat, ein.
Am ersten Tag dieser drei Tage Hochzeit wird das zukünftige Hochzeitspaar mit Musik und Tanz eingefeiert. Am zweiten Tag ist die Hochzeitzeremonie mit einem hinduistischen Priester, wo das Paar unter vielem anderem gemeinsam viermal um ein Feuer und danach sieben Schritte mit sieben Versprechungen gehen muss. Und am dritten Tag ist die Hochzeitsparty.
Drei Tage Hochzeit heissen sowohl für das Brautpaar wie auch für die Gäste drei verschiedene Outfits. Dank einer länger anhaltenden Magenverstimmung ein paar Wochen vor dem Abflug, kam ich wieder in die eleganten Kleider meiner Garderobe. Gerettet! Dazu wurden die glitzernden Highheels im Keller gesucht, gefunden, abgestaubt und eingepackt. Nur, in Mauritius angekommen, dachte ich mir, des Pascha’s Outfit könnte noch einen Farbtupfer mehr vertragen, ich vielleicht noch ein bisschen mehr Bollywood zu meinen Fahnen. Die Mutter des Bräutigams vermittelte uns eine Adresse. Und wereliwer kam mit zwei indischen Outfits aus dem Laden raus? Der Schömeli. Und dem Pascha wurde sogar ein Outfit geschenkt.
Ich sage ihnen, als wir im Laden vor dem Spiegel standen in dieser Tausendundeinenacht-Kluft, wurde mir heiss und bang. Ich erkannte mein eigenes Spiegelbild überhaupt nicht wieder. Ich und Rosarot, mit Perlen, Pailletten, Strass und goldenen Fäden. Im weiten Rock, darüber ein bauchfreies (!) Top und einen bestickten langen grossen Schal, schon fast wie ein Schleier. Dazu Gold- und Edelstein imitierte, glitzernde grosse schwere Ohrringe. Daneben mein Pascha im weinroten langen Gewand, mit Goldfäden bestickt, und seidenglänzenden dunkelroten Hosen darunter. Die Verkäuferin und eine Kundin im Laden waren begeistert, die Mutter des Bräutigams nach Erhalt der Fotos ebenso.
Der Tag war gekommen, Pediküre und Maniküre in Eigenregie war angesagt. Mir wurde vom Pascha mit einem Wackelkontakt-Haartrockner und meinen Reisehaarbürsten ein Brushing verabreicht, dann legten wir uns unsere Tausendundeinenacht-Kleider an, meine blingbling Ohrringe wurden montiert, ich trug mal richtig Farbe auf mein Gesicht bzw um die Augen, und so machten uns vor lauter Aufregung früher als früh auf ans Fest. Für die Frühankommenden wurde Henna Malerei angekündigt. Wir waren aber so früh, dass wir die ersten überhaupt waren und der Pascha sich in seinem Outfit lieber irgendwo versteckte, als die schöne Umgebung zu rekognoszieren. Nach einer halben Stunde kamen dann zum Glück die (einheimischen) Gäste, Männer und Frauen, in glitzernden, farbigen Stoffen gewickelt, und wir ernteten Applaus. Uff. Je mehr Gäste eintrafen, umso schillernder wurde der Anlass. Seidene Stoffe mit Pailletten, Perlen und Gold in Hülle und Fülle. Die Damen und Herren jeden Alters in ihren prächtigen Gewänder, Schmuck und Frisuren, eine Augenweide. Und auch die meisten europäischen Männer und Frauen trugen indische Kleider und fühlten sich im Anblick der anderen erleichtert und bestätigt. Dann trafen auch irgendwann die Hennafrauen mit der Mutter des Bräutigams ein. Aus Indien angereist. Selbst der Pascha liess sich eine Handinnenseite bemalen. So schön und flink wurde verziert. Nur musste man danach mindestens eine halbe Stunde aufpassen, dass man nichts verschmierte. Doch auch das hat sich gelohnt. Die Malerei auf der Hand wurde von Tag zu Tag dunkler und schöner.
Ja und das Brautpaar, das schoss den Vogel ab. Vom ersten bis zum letzten Tag ein brillanter Auftritt. Kleider wie im Märchen. Nur schon der Jupes des Kleides für die Zeremonie wog vor lauter Seidenstoff, Stickereien mit Pailletten und Perlen satte elf Kilogramm. Sie hat wohl im Gegensatz zu mir die drei Tage mit ihren schweren Outfits tragen, darin schwitzen, keine Zeit zum Essen zu haben vor lauter Gästen und dem vielen Tamtam die Kilos abgenommen, welche ich zunahm. Denn die Küche in Mauritius ist exzellent, natürlich mit viel Gewürzen aus aller Welt und Chili. Da musste ich schon die Tage vor der Hochzeit alles probieren. Sodass ich, dummerweise nur zwei neue Outfits gekauft, fürs letzte Fest mich in mein enges figurenbetontes kurzes Schwarze reinquetschen und den ganzen Abend den Bauch einziehen musste.
Und so vergingen die drei Feste wie im Flug. Es wurde nebst schönen Kleider tragen und viel essen viel gelacht und getanzt, getrunken und zelebriert. Und das alles in den Tropen am weissen Stand mit Kokospalmen, Bougainvilliers, schönsten Sonnenuntergängen, Flughunden am Himmel kreisend und sich in die nächste Baumkrone hängend.
Herrlich ist das Prinzessinnenleben!
Coucousinentag
Kidsalarm
Wissen und Meinung
O bella ciao
Ich liege auf dem Sofa, und meine Finger tanzen über den Bildschirm. Von Buchstabe zu Buchstabe. Zuvor las ich: „Uuuuu, heute ging ich mit zwei schönen, blutjungen Männern Mittagessen. Mein Auge konnte sich gar nicht satt sehen. Schöne Haare, geschmeidige Haut, schöne Gesichter, extravagante Kleider, Schmuck an Händen u Ohren, und es kommt noch besser: Zudem kluge Köpfe, weise Worte und interessante Gespräche, was will man mehr? Mein Tag ist gerettet. Die Zukunft der Menschheit ist gesichert!“ - „sehrwahrschä“ würde jetzt G sagen. Nun ja, sehrwahrschä sage heute auch ich. Den Text schrieb ich vor drei Wochen. Umzingelt von männlicher Schön- und Klugheit. Dann kam ich nicht mehr dazu, weiter zu schwärmen.
Jetzt, herbe erwacht. Umzingelt vom Wahnsinn. Meine Finger zittern, mein Inneres bebt. Meine Spucke bleibt mir im Hals stecken, aber eben, die Finger mögen noch. In der Zwischenzeit hat Italien nämlich eine ultra rechte Frau zur Ministerpräsidentin gewählt. Soviel zum Feminismus. Gleichzeitig haben in der Schweiz die alten reichen Säcke mit einigen rechten Frauen das AHV-Alter der Frauen um ein Jahr in die Höhe gestimmt. Selbst Frauen! Ich frage mich gerade, ob da nicht sowohl der Hopfen, das Malz, das Kraut, die Rüben inklusive dem Unkraut schon gar nie erst gefunden wurde um zu verderben oder zu verlieren. Zudem, die Umwelt sowieso nicht mehr, aber die Welt definitiv nie zu retten war und sein wird. Wo denn wohl die drei Hirnzellen der italienischen und der schweizer Bevölkerung sich aufhielten, als die Kreuze auf die Wahl- und Stimmzettel gemalt wurden? Ich spreche von Hirnzellen, denn mit Herz kann man solchen Wahnsinn nicht entscheiden. Ja, wir sind jetzt definitiv von Sinnen!
Die reichen alten Schweizer Säcke haben um ihre vielen Bäzeli und den grünen Rasen Angst, und die dummen Weiber, ihr Leben lang nur dem blöden Geschnurr dieser jetzt alten Säcke zugehört, um ihre Kupferkesseli vor der Tür, mit den Geranien drin.
Dasselbe in Italien. Es könnten ja die jungen Blondinen plötzlich den alten Sack nicht mehr anhimmeln, sondern einen hübschen jungen Nicht-Italiener , von dem die ‚Mamma’ Angst hat, er könnte ihr die Reifen Tomaten aus dem Gärtli stehlen, mit deren Sugo sie ihren treulosen Ehemann gerade noch bei Laune halten wollte.
Anders kann ich mir solche Abstimmungsresultate nicht erklären. Und wie bin ich froh, dass ich noch zum dem auf der Karte in Rot gefärbten Basel gehöre, obwohl ich in der rechten Hochburg Frankreichs wohne. Wo auch hier (im Elsass) die alten reichen Säcke mit dem grünen Räseli überwiegen, und man denen besser das bitzeli Demokratie verbieten würde.
Soviel zur Demokratie, wo die Frauen trotz Überzahl zu blöd sind, mal gemeinsam Sache zu machen, auf den Putz zu hauen und auf ihr Recht zu pochen. Bevor ihnen das Rentenalter raufgesetzt oder wie in Italien, eine rechte Geiss vor die Nase gewählt wird.
Aufwachen !
Gadget
und überhaupt
Es gibt ja schon Frauen der Taten. Zum Beispiel A. Sie hat mir nach meinem letzten Beitrag und meinem geäusserten t-Shirt Wunsch geschrieben „schon bestellt für dich“. Ich erwiderte mit einem zwinkerndem Smiley. Nun heute, meine erster Arbeitstag im Zugerland, kam A. in mein Zimmer, übergab mir eine Geschenktüte im Weihnachtslook und wünschte mir frohe Weihnachten. Was war drin? : Ein T-Shirt mit „fuck le régime“ drauf! Grandios. Und noch besser: In Grösse M, und es ist immer noch Oversize. Jawoll.
Nun sitze ich im Unterstand von Serafino‘s neuem Zuhause und leiste ihm ein bisschen Gesellschaft. Der Arme wurde von mir ein bisschen Hals über Kopf gezügelt. Er findet es momentan überhaupt nicht toll. Wird von den anderen Pferden entweder ignoriert oder es wird ihm mit Mord und Todschlag gedroht. Zum Glück ist zwischen der Herde und ihm ein Elektrozaun. Der zwickt genug, um dem Schlägertrupp Einhalt zu gebieten.
Jetzt ist der arme Serafino also weg von seinen Kumpels in, bzw. noch neben einer kleinen Meute bösen Pferden, zukünftige Kumpels, gesetzt worden, ohne seine Mitsprache. Ich glaube gestern Abend war er dementsprechend wütend auf mich. Darum sitze ich jetzt hier bei ihm und leiste ihm Gesellschaft. Damit er ihn Ruhe sein Heu fressen kann. Ohne dass er Angst haben muss, ein Säbelzahntiger springt aus einer Ecke, eine Mamba fällt vom Dach oder eines dieser künftigen Kumpels droht ihm über den Elektrozaun hinweg mit dem Tod. Nun ist die Meute weit weg auf die grossen Weide gezogen, und somit bleibt Serafino alleine zurück, jeglicher Wildtier-Gefahr als alleiniges Opfer ausgeliefert. So versuche ich mit meiner Präsenz ihm ein bisschen gerecht zu werden, die Gefahr zu mildern und Entspannung herbeizuführen. Nur mein Magen knurrt langsam, bald fresse ich ihm sein Heu weg. Da ich ihn aber in diese Misere geritten bzw. geführt habe, muss ich halt auch mein Opfer bringen.
Gemütlich wäre es hier so in der Stille und Dunkelheit, wenn die Grillen zirpen und er sein Heu kaut. Die Sterne funkeln und ein paar Flugzeuge fliegen am Himmel hoch oben über uns vorbei. Nur nächstes mal nehme ich meinen Schlafsack mit, ein Sandwich und ein Moskitonetz. Saperlott, die armen Pferde werden tagsüber von den Fliegen, Brämen und sonstigen fiesen Stechviechern verstochen, und nachts kommen die Mücken, ihnen ihr Blut anzuzapfen.
Nun hat sich Serafino auf sein Heu gelegt und versucht zu schlafen. Heimatstüdeli , das heisst für mich, weiter warten und ja nicht stören. Soll ich auf den anderen Heuhaufen liegen? Die Anwohner sind sich wohl fragen, was die da so macht im dunklen Stall. Ob sie noch lebt? Oder sie auch ein Säbelzahntiger geholt hat? Wohl eher der böse Mann.
Wenn sie sich also je mal überlegen, ein Hoppigaloppi zuzutun, überlegen sie es sich nochmals und nochmals und nochmals. Denn es bleibt nicht bei dem vielen Geld, dass sie für den Unterhalt ausgeben, den vielen Stunden, welche sie für seine Ausbildung und ihre dazu investieren, die viele Zeit, die sie tagtäglich zu seinem Wohlbefinden brauchen, die vielen Nerven, die blank liegen, sondern es kann sogar passieren, dass sie unter Mückenalarm, langsam feucht werdenden Kleidern und mit knurrendem Magen auf dem Beton sitzen, nur dass sich ihr Rössli auf seinem Heu entspannen und ein weeneli schlafen kann.
Fuck le régime, ich geh jetzt heim was essen.
Fuck le système
Fünfundsechzigtausend Liter & Co
Einen Fünfundsechzigtausend (65’000) Liter Tank hat die 45m Yacht einer berühmten Opernsängerin. Der hält eine Saison. Wohl betont: Das Schiff wird nur selten benutzt. Mit diesem Volumen könnte ich mit meiner schwarzen Lady eine Million dreihunderttausend Kilometer fahren. Das schaffe ich in meinem ganzen Leben nie. Nun sichtet man hier an der ‚Costa Smeralda’ Yachten, da fragt man sich, ob man gerade einen Science Fiction Film sieht. Eine: 133m lang, einige Stockwerke hoch. Innenpool, Helikopterport. Für 24 Gäste mit einer Crew von 55 Personen. Die Besitzer sind der Premierminister und der Finanzminister von Katar. Was die wohl für Löhne haben? Eine halbe Million Liter oder mehr, fasst der Tank. Nun, bei denen fließt der Sprit ja im Garten. Dann andere Yacht-Kolosse von Unternehmer, Firmen, Oligarchen, Königen, zum Beispiel dem spanischen. Hunderte von diesen Dingern hat es hier.
Und wissen sie was mir da in den Sinn kommt? Uns wird jetzt das Elektroauto aufgezwungen, zum Leid der Minenarbeiter, zur Freude der Atomkraftaktionären, das Fliegen psychologisch verboten, und die verbraten in einer Saison auf ihren Yachten, was wir in einem Leben nie hinbekommen. Also müssen wir deren Auswüchse ausgleichen? Was hat der spanische König und seine Familie in ihrer Birne, wenn sie solche Dinger besitzen und ihr Volk zum CO2 sparen aufgerufen wird?
Da sitze ich jetzt gerade mit obergutem Gewissen im EasyJet Rückflug und denke : Leckt mich doch alle mal am Tschoope. Apropos Tschoope: Gestern röuäläten meine Pirellis schon fast den Hosenbund runter. Ohne Tschoopen, und zwar oversized, geht bei mir auch braungebrannt nix mehr. So hatte ich heute mein letztes Stück ‚Pizza al taglio‘ genossen. Ab morgen wird Velo gefahren und ist ‚no carbs no sugar‘ angesagt. Und ohne schlechtem Gewissen viel glücklich gehaltenes Protein gegessen. Und zu Serafino geradelt, ohne schlechtem Gewissen, im Besitze eines Treibhausgas furzenden 500kg Kolosses zu sein, der tonnenweise Heu und Gras frisst; nur zu meinem Pläsier. Oder auch nicht.
Apropos Serafino und Proteinen. Dort hat es auch Hühner. 8 Neue soeben Gerettete. Fürchterlich sehen die aus. Halbnackt u dünn. Von einer Freiland-Eierfarm. Vierzigtausend Hühner, 15 Monate jung, schon ausgedient werden nach Belgien verfrachtet, um dort zu irgendwelchem Futter verarbeitet zu werden. Acht davon hatten Glück, werden neue Federn bekommen, auf dem Hof rumgackern und den Pferden Futter aus dem Napf picken. Und Eier legen. Nicht mehr so viele, aber genug.
Manchmal frage ich mich, ob wir uns da nicht einfach was vormachen. Oder besser gesagt schlicht und einfach, ich kann es nicht anders sagen: Verarscht werden. Mit Umweltschutz, Demokratie, Gleichberechtigung und dem ganzen Kram. Beschäftigungstherapie für die Bevölkerung des Westens. Und im Hintergrund wird die Sau rausgelassen, manipuliert, verschwendet, gehortet, sich bereichert und sich ins Fäustchen gelacht.
„Mit gutem Beispiel voran“. Das ich nicht lache. Es ist zum Heulen.