Nun sitze ich im Zug zur Arbeit in meinem Regenmantel mit wollenem Futter, den am Flughafen neu erstandenen dicken Kaschmirschal mir um den Hals gewickelt, Wollsocken an den Füssen, ein seidenes langes Unterhemd und seidene Leggings unter meinem Overall. Zudem Hustentropfen, Kamillentee (best ever für Halsschmerzen), Homéovox, damit die Stimme durchhält, und homöopathische Halsweh Tabletten in meinem Handgepäck.
Im Zug ist es schon kalt, aber die Klimaanlagen auf Langstreckenflügen sind meist auf sibirische Temperaturen eingestellt. Da friert man beim Hin- und Rückflug gefühlt mindesten einen Finger ab. Bei Ankunft in der Wärme erholt man sich schnell wieder. Zurück aus den Tropen bleiben einem die Glieder selbst bei diesem Herbstwetter eingefroren. Ein Finger tot. Und die momentanen Heizungssparmassnahmen in den Schulhäusern und allen öffentlichen Räumen der Schweiz geben der Gesundheit noch den letzten Schlag. Der gefühlte Finger fällt ab. Die übriggebliebenen eingefrorenen Finger sollte man mit kaltem Wasser waschen, steht an der Pinnwand. Ich bräuchte aber meine restlichen Finger noch ein paar Jahre. Sogar ein Jahr mehr, wir Frauen müssen ja jetzt die AHV retten und ein Jahr länger arbeiten.
Nun lese ich gerade eine herumliegende Zeitung. In einem Mini-Artikel ist die Rede von den Kunsteisbahnen. Welche scheinbar zu viel Strom und Wasser brauchen und darum mit Plastikbelägen ersetzt werden würden. Welche natürlich die Umwelt viel nachhaltiger belasten, aber die CO2 Bilanz seie um einen Viertel niedriger. Aha.
Ein paar Stunden Unterricht sind vergangen, und ich sitze wieder in voller Montur im kalten Zug zurück. Ich muss gestehen: Ich bin ein Gförli. Warum ich in diese Breitengrade hineingeboren wurde, ist mir ein Rätsel. Irgendwas ging da schief. Schon meine Mutter verzweifelte an meinen blauen Lippen und musste mir warme Sachen stricken, wo sie doch stricken aber gar nicht mochte.
Doch bald werde ich wieder warm bekommen, denn ich muss im gestreckten Galopp in Zürich das Gleis wechseln und den TGV erwischen. Einzige Chance, rechtzeitig nach Mulhouse zu gelangen. Auch so ein leidiges Thema. Öffentliche Verkehrsmittel in Frankreich. Ob das wohl absichtlich ist, um die Autoindustrie anzukurbeln? Wie auch der Elektro-Auto Wahn Frankreichs mit der zukünftigen Einstellung der Brennstoff Motoren. Seit wann denkt Frankreich an die Umwelt? Da wären Zug- und Busverbindungen auszubauen nachhaltiger. Kleiner Tip einer Schweizerin.
Den TGV erwischt, stehe ich im Speise- bzw Bistrowagen. Das gibt einem so ein mondänes Feeling, dieses Stehen an der Zugs-Bar. Ich traute mich nicht, ein Glas Wein mit einer Saucisson zu bestellen. Da bin ich jetzt doch zu schweizerisch. Also entweder war es der Galopp oder der TGV ist mehr geheizt. Ich tippe auf Nummer zwei. Ich kann eine Schicht ausziehen. Herrlich!
In gewissen Situationen liebe ich die Franzosen für ihre Ignoranz. Und ich glaube, auf das muss ich mir jetzt gerade « du vin blanc avec du saucisson » holen. Es ist ja schliesslich aus einer « production de l’agriculture locale et régionale »
Vive la France! Santé!