Honighaar

Wenn man krank im Bett liegt und schläft, geht der Tag rum wie im Nu. Man hat weder Zeit zum Jammern noch zum schlechten Gewissen haben. Wenn man dann nur noch halbkrank ist, also weder krank noch gesund, dann geht der Kopf los und der Körper streikt. Und wenn der Kopf losgeht, kommt das schlechte Gewissen. Wenn man den Körper doch zur Aktion überredet, jammert man danach. Um das schlechte Gewissen zu ignorieren, die Langeweile zu vertreiben und dem Körper zu folgen, töggelete ich auf dem Handy rum. Wer jetzt meint, ich wäre mit meinem neuen iPad im Bettchen am Tippen, der täuscht sich. Da hat man nämlich mindestens nach 5 Minuten das Zittern in den Armen. Hui, ist das Ding schwer. Zudem; um auf dem Bildschirm zu tippen, braucht es Kilometer, bis man zum nächsten Buchstaben gelangt. Und mit der Tastatur ist die Liegeposition ungünstig. Das Handy hingegen bedingt einer starken Lesebrille und fertig. Gemütlich sind meine Oberarme abgestützt, und mein Zeigefinger hüpft auf den Buchstaben rum.

Zugegebenermassen war ich recht lange auf Insta & Co. Ich weiss jetzt, was alle so tun und machen, nach dem Durchnäuseln der Beitragsvorschlägen weiss ich auch, welche Turnübungen und Tanzschritte ich machen könnte, hätte ich mit zwanzig schon damit angefangen. Oder wie man richtig aquarellieren würde, wäre man ein bisschen geduldiger. Oder wie feine Backrezepte im Handumdrehen gelingen würden, hätte man sich an die Zutaten gehalten, es gibt auch Rössli-Tips, wäre Serafino nicht Serafino, und und und, spannend!!!

Irgendwann liess ich mal das Handy beiseite und bewegte mich in Richtung Badewanne, Hahn auf, goss die letzten Tropfen ‚Rosmarin-Bad’ ins Wasser und mir kam der „kann ich doch auch selber machen“ Gedanke. So stieg ich mit Nelly Grosjean‘s dickem Aromathérapie-Buch in die Wanne. Doch dieser Schunke wurde mit der Zeit definitiv zu schwer. Mein Handy, es lag natürlich nicht weit (seufz) war wieder im Einsatz und ich ging auf Nachforschungen. Was ist wo drin. Was bewirkt was. Woher kommt was. Was gibt es sonst noch.

Noch bevor ich ins Bad stieg, schmierte ich Klauenöl (Rinderghuf) in meine Haarlängen. Ja, das habe ich von einem Lover bekommen. Und ist gut für vielerlei: Leder, Haare, Holz, als Uhrenwerk-Schmierfett usw. Absolut nicht vegan aber natürlich. Und weil ich ja schon bei den Haaren war, so googelte ich über Shampoos selber machen und Alternativen rum. Interessant. Am liebsten hätte ich gerade eine Shampoo-Laborstätte aufgemacht und rumprobiert. Da mir aber die meisten der Ingredienzen fehlten, suchte ich nach Alternativen, welche sich in meinem Haushalt befanden. Kokosmilch und Honig. Aha.

Langsam aber sicher wurde das Badewasser sowieso kalt. So rubbelte ich noch meine letzte Mauritius-Bräune mit dem Hamam-Handschuh weg, adiö, stieg aus der Wanne, ab in die Küche, mixte die beiden Leckereien zusammen und verteilte sie in meine Haare. Herrlich. Meine Hände waren zart und fein, und ich roch wie eine Kokoshonigmakrone. Danach wurde ausgespült. Nur war wohl die Mischung mit dem Fett eher für die Gesundheit der Haut und des Haarbodens das Beste, als für gutaussehend, lockeres langes Haar, denn ich hätte trotz langem Spülen die Haare danach fast zu einer Irokesen-Frisur stylen können. Nun musste doch ein herkömmliches Shampoo her, um das Fett auszuwaschen. Natürlich konnte ich es nicht lassen: Mit Kamillentee wurde nach dem Spülen nachgespült. Nun sind meine Haare seidenweich, wunderschön aber immer noch leicht fettig.

Da kommt mir, zu spät, die ehemalige Lehrtochter, spanischen Ursprungs, meiner (Natur)Coiffeuse in den Sinn, welche wunderschöne, gesunde Haare bis an den Hintern hatte, 20 mal mehr und dicker wie ich. Ihre Grossmutter hätte ihr die Haare mit Olivenöl eingeschmiert, über Nacht einwirken lassen und danach mit Olivenseife ausgewaschen.

Tja. Morgen gibt’s Seife in die Haare. Den Resten Kokosmilch brauche ich besser für einen Thai Curry, und Honig schmiere ich weiterhin aufs Butterbrot.