Kidsalarm

Mit 20 dachte ich mir, ich will dann mal Kinder mit 36. Als ich 36 war, war mir gar nicht um Kinder. Und meinen Männern auch nicht. Jeden, den ich meiner Mutter vorstellte, wurde mit „wann heiratet ihr und wann gibt’s Kinder?“- Augen angesehen. Mir standen die Haare zu Berge und sie waren dann über alle Berge.

Um 40 bekam ich Panik und hinterfragte öfters meinen Nicht-Kinderwunsch. Da aber Prince Charming mit dem nötigen Kleingeld für 24/7-Kinderbetreuung nie auftauchte, oder sind wir mal ehrlich, ich entweder zu alt (denn die wollten halb so alte) war oder mich solche Typen schlichtweg nicht interessier(t)en, erreichte ich 42 Jahre und wurde erlöst vom „willst du denn keine Kinder?“-„warum?“-„so findest du nie einen Mann!“-„das Leben hat doch keinen Sinn ohne Kinder!“-„was bist denn du für ein Egoist“- Geschwafel und Martyrium. Dann war ich nämlich endlich zu alt für Kinder.

Mit 44 war ich dann vor lauter „jetzt bin ich zu alt“-Übermut mal kurz schwanger, blödere Umstände hätten nicht sein können. Ich sah mich schon, alleinerziehend, ein schreiendes Kind im Arm, nach dem Unterrichten spätabends zu Hause und mit den Nerven am Ende. Aber die befruchtete Eizelle besann sich und liess es bleiben.

Nun, kurz vor 50 verliebte ich mich in einen alleinerziehenden Franzosen mit, Obacht: DREI Kindern! Bingo. „Oh wie schön, Chantal, jetzt hast du eine Familie!“ Süüüüüüüüper.

Ja, die Franzosen, die haben drei Kinder. Da gibt es Steuerermässigungen. Nur verrechnen die sich alle. Denn mit drei Kindern sind es drei mal Schulprobleme, Liebesdramen, Freiheitskämpfe, Kinder- und Teenagersorgen. Ferien für fünf, Restaurant mal fünf. Eine grosse Wohnung oder ein Haus muss her, ein grosser Wagen mit dazu. Drei Velos, drei paar Wanderschuhe, drei Weihnachtsgeschenke und drei Geburtstagsfeste, dazu eines mit den Kollegen und eines mit den Verwandten, also deren mindestens sechs. Und ich will mir gar nicht vorstellen, wie denn das mal ist, wenn die drei alle Kinder haben!

Nun sind Herbstferien in der Schweiz. Ich war so blauäugig und dachte, es sei doch schön mal nicht wegzufahren und Zeit für mich und mein Pferdchen zu haben. Dummerweise hat sich der Mann an meiner Seite zu meinem Ferienauftakt was in der Schulter eingeklemmt, selbst die Osteopathin kommt an ihre Grenzen. Nun bin ich zur Frau an seiner Seite katapultiert worden, beschäftige mich mit Teenagertränen, Studiensorgen, Zigaretten-Diskussionen, Hausaufgaben abfragen, Mittagessen kochen, abwaschen, für gute Stimmung sorgen, ttouchen und Nerven behalten. Morgen gibt’s Kindergeburtstagsfest mit Pizza selber machen und Karaoke singen. Meine Idee. Es gibt kein Entrinnen! Sonst gibt’s Tränen anstatt glückliche Kinderaugen.

Wie haben das meine Eltern ausgehalten? Wir waren zwar nur zwei Kinder, aber sehr intensiv. Mein Vater wurde immerhin knapp 80. Meine Mutter lebt immer noch, stehts mit Sorgen um uns Kinder. Entweder wir fehlen oder wir tun ihr Sorgen bereiten. Ich staune.

Nun bin ich demnächst an eine Hochzeit eingeladen. Der nächste Schritt sei dann Kinder. Seid ihr von Sinnen, war meine Antwort. Darauf folgte ein Lachen. Meine Argumente werden wohl nichts helfen. Die Sexual- und Kinderwunschhormone (und -Träume) sind zu stark, um sie und die Menschheit zu Vernunft zu bringen.

Ich aber werde mich morgen nach dem Kindergeburtstagsfestli ganz vernünftig in meine Wohnung verkrümeln und für die nächsten Schulferien einen Flug weit weg buchen! Kinderfrei!