Kurkuma

Oh, nun hat es mich schon wieder ins Bett gelegt. Bin gestern ein bisschen wackelig arbeiten gegangen, eine Stimme wie eine Kettenraucherin, abends eine Probe mit einem Sack voller sympathischen Flöhen. Danach war mein Mezzosopran bei Hades.

So schwieg ich bis und mit jetzt. Meine pakistanische Nachbarsfee Azra hat mir gestern um zehn Uhr abends einen feinen Tee nach oben gebracht. Rosmarin, Salbei, Ingwer, Pfefferminze, Kardamom, Zimtstange und irgendwelche Samen waren da drin. Eine Zitrone und Salz für danach wurde mitgeliefert.

Nachts kamen die Halsschmerzen. Heizung auf 5 (ja!), ein Seidenfoulard und ein Kaschmirpullover über das warme Pischi waren ein Teil meiner Massnahmen, dazu ein Kamillentee, Propolis-Täfi, Honig und homeogène Lutschtabletten. Aber eigentlich träumte ich von dieser Antibiotika-Kortison-Bombe, welche mich in Brasilien innerhalb von 24 Stunden vom Halbtot in das normale Leben zurück katapultierte. Naja. Aber da war nicht nur meine Stimme in der Nähe von Hades.

Nun schrieb ich die pakistanische Feenfront an. Auf deren Sprachnachricht-Antwort hörte man im Hintergrund den Cousinenrat in Urdu: Mit Kurkuma gurgeln! Aha. Haben sie schon mal mit Kurkuma gegurgelt? Das ist dieses gelbe Pulver, von welchem man sich in hellem Outfit fürchtet. In jedem Masala drin. Also einen Kaffeelöffel Kurkumapulver in warmes Wasser, umrühren und gurgel gurgel. Magie! Das legt sich wie ein Film über den Rachen und die Schmerzen sind weg. Im Nu! Ich glaubte zu träumen. Und der Duft erinnerte mich an den Souk von Marrakech. Und Jeema el-Fna. Da kommt man gleich ins Träumen.

Dann wurden „Zwiebelsamen“, also Schwarzkümmelsamen, nach oben gebracht. Ein paar im Mund zerkauen. Soll die Entzündung nehmen. Wird gemacht. Und mit ein bisschen mehr Tee daraus machen. Wird auch gemacht.

Und ich solle doch mal googeln. Meinten die Feen. Wird auch gemacht. Zuerst noch ein paar Wollsocken aus Dahab an die Füsse, es kann für mich momentan nicht warm genug sein im Bettchen, und es kann losgehen mit googeln. Spannend!

Jetzt weiss ich, warum das Jesuskind Weihrauch und Myrre von den drei Königen bekam. Warum die Perser, Araber und Römer den ‚Besetzern‘ der Gewürzhandelsrouten-Gebiete (zum Beispiel Petra) oder sich gar gegenseitig aufs Dach gaben. Und ja, warum schlussendlich viel später Kolumbus vermeintlich, um Gewürze in Indien zu sichern, in der Karibik landete. Zum grossen Leiden und der fatalen Zukunft dessen Bevölkerung. Dafür schaffte es Vasco da Gama. Nun hatten die Europäer Kartoffeln zum ihre Bäuche voll schlagen, Holz, um ihre Schiffe zu bauen, Gold und Silber um ihre Kassen zu füllen und Gewürze, um das Essen zu bereichern und gesund zu bleiben. Und auf dem Hin- und Herweg wurden noch Menschen eingefangen und versklavt. Praktisch. So viel zur Renaissance.

Aber bleiben wir bei mir hier im Bettchen, wo sich Teetassen, Nastücher und Kräuterwissen ansammeln. Wo meine Äuglein fast zufallen. Und ich von Tausendundeinenacht zu träumen versuche. Und morgen vielleicht mit einem Koloratursopran erwachen werde.

Aber davor noch einmal Kurkuma Gurgeln und Schwarzkümmelsamen zerkauen.