Gestern war ich in eine kleine Geburtstagsrunde eingeladen. Bei einem guten Freund, einem Yogalehrer. Nein nein, keine Angst, oder keine Hoffnung, ich mache immer noch kein Yoga. Trotzdem wurde ich eingeladen. Ich kam relativ spät und als die Wohnungstür aufging, trat ich in eine Welt, von einer bestimmten Rauchwolke unterstützt, wo sich alles um Mindfulness dreht. Ich als einzige Carnivore, die Hälfte waren sogar Veganer und alle auf der Suche oder schon ganz nah dran, die körperliche und mentale Balance zu erreichen. Balance war das Wort. Keinem Schaden anzurichten, gerecht zu sein und immer nur das positive zu sehen. Diese Unbalance nennt sich Balance. Denn „das Leben ist IMMER schön, Chantal, jeden Moment“. Soso. „Du musst das nur sehen wollen“. Brille bitte! „Es ist so schön“ Seufz. „Du kannst entscheiden“. Spielverderber!
Ich kam mir schon fast vor wie in einem religiösen Gebetskreis, dort geht es zwar um Gott. Und nicht um sich selber. Aber auch dort wäre man immer dran, gutes zu tun und gut zu sein, zu beten und in die Kirche zu gehen. Heute meditiert man, früher betete man, heute läuft man ins Yoga, früher lief man in die Kirche. Die Frage ist da und dort: Zugehörigkeit und Gruppendruck. Bist du dabei? Machst du mit?
Als ich dann mal sehr unmindful meine Position, nämlich nicht missioniert werden zu wollen, klärte, ging ein kleines Raunen durch die Menge. Aber ich hatte Glück, es ging ja achtsam zu und her.
Und es war spannend und lustig zugleich, mal so in eine andere Welt abzutauchen. Wo das Weltgeschehen an einem vorbeizieht und nur am Rande berührt. Wo es allein um Einklang mit sich selber, mit den Tieren und der Natur geht. Ob man dann in einem der grossen Pharma Unternehmen arbeitet und allerunachtsamstes Geld verdient, sei dahingestellt. Aber Hauptsache man lebt vegan, lächelt dazu und ist immer dankbar.
Ich habe mir in letzter Zeit viel gefragt, wo Oberflächlichkeit anfängt und wo sie aufhört. Schwierige Frage. Ich bin mir bewusst, dass es angenehmer ist, dieser verschrobenen Welt (be)lächelnd entgegen zu sehen. Aber grenzt es nicht an Selbstbetrug, sich mit irgendwelchen -ismen zu kasteien und irgendwelche täglichen Riten zu befolgen um dauern Lächeln zu können?
So sitze ich jetzt wieder mit meinem Cappuccino auf meinem Sofa, mein Ritual, schreibe mir von der Seele und probiere mal diesem ganzen Tag positiv entgegenzutreten. Ab jetzt (bis zum Schlafen gehen) werde ich allem und allen nur mit einem Lächeln begegnen.
Mir fällt gerade auf, wenn schon alles immer lächelt, kommt dann überhaupt noch ein wahres Lächeln zurück?
Cheese !