Mittag

Fixundfoxy lag ich gestern am späteren Nachmittag auf meinem Sofa nach meinem Ausritt mit Serafino, welcher eigentlich mit gemütlicher Absicht hätte vonstatten gehen sollen und im „Krieg der Brämen“ endete. Wer gewonnen hat, ist nicht ganz klar. Klar aber ist: Wir haben überlebt, auf Seite der Brämen wurden einige Tote beklagt.

Aber jetzt von vorne: Serafino hat endlich all seine Eisen an seinen Hufen, keine Schrammen und keinen Blätz ab, die Kniescheiben in Position, gute Laune, einen passenden Sattel, genug Muskeln um mich zu tragen, und der Sommer ist auch da. So hatte ich Lust, mal endlich wieder ausreiten zu gehen. Nur: Vor lauter monatelangem Regen und andauernden Kälte, man könnte schon sagen, ohne Frühling oder Frühsommer, von null auf hundert, mit diesem plötzlichem Sommer, herrschten gleich tropische Verhältnisse. Heiss und düppig war es. Aber dies war absolut kein Grund, mich von meinem Vorhaben ‚Ausritt’ abzuhalten. Im Gegenteil. Ich war in Ferienstimmung. Zudem vormittags im Plämperli-Modus, was ja auch zum Feriengefühl dazugehört. Ich machte mich also erst gegen Mittag, völlig relaxed auf zum Stall. Zudem mag ich die Mittagszeit, um mit Serafino was zu machen, da wir dann unsere Ruhe haben, da alle am Essen sind. Der Tag pausiert, es ist ruhig und gemütlich.

Geputzt, mineralgefüttert, gesattelt inklusive den anti-Insekten Zötteli, ritten wir los. Vor lauter Gemütlichkeit, guter Laune und um Diskussionen zu vermeiden, sprühte ich ihn weder mit dem nach Knobli riechenden Anti-Insektenspray ein, da er mir immer davonrennt, wenn ich schon nur mit der Sprühflasche anmarschiere, noch zog ich ihm eine Fliegenmaske an, da er meint, er brauche sie nicht, sich wehrt oder ansonsten sie sich wieder abmontiert.

So waren wir gemächlich unterwegs, ich zuerst zu Fuss, dann im Sattel. Wir sahen Bauarbeiter auf der Baustelle ihr z‘ Mittag essen, Schafe im Schatten liegend Siesta machen und Kühe im Gras hockend wiederkäuen. Herrlich! Nur eine über Mittag besonders aktive Spezies habe ich unterschätzt: Die Brämen; mit knurrendem Magen.

Saperlott, den Fliegentätscher habe ich Lappi vergessen! Und so war fertig gemächlich-gemütlich.

Serafino wollte immer wieder umkehren. Vielleicht hätte ich dieses Mal auf ihn hören sollen, aber mein Kopf war auf „nicht aufgeben“ eingestellt. Mit der Zeit mussten wir von den Brämen wegsegglen, zwei Rossbrämen nahmen die Verfolgung auf. Doch Serafino war schneller. Was natürlich hiess, dass er umso verschwitzter war, was so viel heisst, mehr Brämen riechen das Pferd, was so viel hiess, dass bei Schritttempo noch mehr Brämen angeflogen kamen. Es blieb mir nichts anderes übrig, als ihm Hals und Gesicht mit Zügeln und Gerte freizufuchteln. Zur menschenleeren Mittagszeit sah mich zum Glück niemand, wie ich wie bescheppert mit den Armen und den Zügeln rumschlug und schwang und die Gerte um Serafino‘s Kopf sausen liess. Die zuvor montierten Anti-Insekten Zötteli (e weeneli Geistesblitz war vor dem Abreiten noch vorhanden) erfüllten ihren Zweck an Brust und Rumpf. Irgendwann musste ich aber absteigen, Serafino‘s Rücken und Energie zuliebe. Nun war ‚Action-Réaction‘ vom Boden aus gefragt: Mit Gerte und Händen versuchte ich diese Mistviecher zu verjagen und verhauen. Die Rossbrämen waren langsam und hörte man gut. Somit waren sie einfacher, in die Flucht zu schlagen. Die sind nämlich Schisshasen. Aber die kleinen Biester kamen in Scharen, sind flink, schnell und zäh. Einmal angesetzt waren sie leicht zu zerhauen, aber sie lebten meist noch und flogen zur nächsten Attacke an. Als ich dann endlich mal eine todschlug, waren meine Hände voll Blut, igitt. Serafino selbst schlug mit Schweif ums sich herum, zerquetschte und verjagte mit den Hinterbeinen einige an seinem hinteren Bauch, biss nach ihnen und hatte schon rausgefunden, wie mir zu kommunizieren, wo grad eine ansetzt, wo er nicht hinkommt. So marschierten wir zappelnd, fuchtelnd, beissend, schlagend, ich zusätzlich um Serafino rumrennend, unter ihn sehend, eine gute Dreiviertelstunde, uns kurz erholend, wenn neben dem Weg ein Kornfeld oder Gras war, dann wieder in voller Verteidigung bei Maisfeldern, da ist‘s noch feuchter, und Weiden mit Kühen, wo die vielen Blutsauger sich bedienten und mal kurz Rössliblut witterten, bis zum Stall zurück.

Endlich angekommen, beide erleichtert, musste ich noch mit letzten Kräften Serafino absatteln, abspritzen, trocken reiben, Knoblauch-Spray aufsprühen, er liess es diesmal ohne Murren zu, ein paar Rübli füttern und dann den ganzen Gerümpel aufräumen. Er ging danach vergnügt ohne jegliches Schweif schlagen dank Knobli-Repellent Heu fressen. Also ob nichts gewesen wäre. Tja.

Ich hingegen, dann irgendwann endlich zu Haus, schleppte mich unter die Dusche, genoss das laue Nass und versuchte danach, auf dem Sofa diesen Text zu schreiben, aber das Sandmännchen hatte Frühdienst …

In der Zwischenzeit habe ich noch mehr Brämenzotteln für Serafino bestellt und bin am Knobli-Lavendel-Nelken-Brühe brühen. Mal sehen, ob das Eigenprodukt genauso nützt, wie das gekaufte. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber eins ist sicher: heute Mittag bleibe ich zu Hause. Und Serafino in Brämenfreier Zone mit seinen Kumpels.