Nun liege ich im Bett, beziehungsweise auf der Matratze in meinem Hüttli, in meinen Schlafsack gewickelt, den Kopf auf meinem kleinen Reiseschlafkissen gebettet. Vor der Tür tobt das Meer weiterhin, das Riff draussen hält die Wellen zurück, die Palmenblätter rauschen vom heftigen Wind und die Sperrholzplatten knarren. Weil der Wind durch die Ritzen dringt, musste ich mich um 180 Grad drehen, da er mir um die Nase pfiff.
Die Kerze in der PETflasche ist soeben erloschen. Das letzte Feuerzeug hat den Geist aufgegeben und Gas haben wir grad auch nicht mehr seit heute Abend. Die Suppe wurde auf dem Feuer gekocht, fürs Feuer hat das Feuerzeug noch seinen letzten Funken gespien.
Bevor ich es mir im Hüttli bequem machte, bin ich mit meinem Handy die Lagunenspitze abgeschritten, um ein bisschen ägyptisches Vodafone-Netz zu erhaschen. Knapp ging’s. Ein paar Nachrichten kamen rein, sozusagen nichts ging raus. Hier, in the middle of nowhere, 16km weit auf der anderen Seite des Meeres ist Saudi Arabien, da gibt es nicht mal das nötigste, geschweige denn regelmässig Strom oder fliessendes Wasser. Hier kann man seinem Alltag entfliehen und Robinson Crusoe spielen. Mit der Gewissheit, sobald man will, aufs Boot oder aufs Kamel zu steigen, oder zu Fuss zurück zu wandern und den gewohnten Luxus wieder haben zu können. Ich komme mir vor wie die Adligen in der Renaissance, die Freude daran hatten, das Hirtenleben zu imitieren und zu romantisieren.
Nun ist es Morgen, mir sind während des Schreibens gestern die Augen zugefallen. Nachts fror ich an den Hintern, wie man so schön unelegant sagt. Der Wind blies wie verrückt, ich hatte manchmal das Gefühl, mein Hüttli würde nächstens davonfliegen. Ich zog meinen Kapuzenpulli übers Pischi, die Kapuze über den Kopf und hoffte so auf mehr Wärme. Es war besser, aber nicht optimal. Zum aus der Hütte steigen und nebenan eine Decke holen, konnte ich mich dummerweise nicht überwinden. So fror ich weniger, aber halt fleissig weiter, die ganze Nacht hindurch.
Jetzt übernächtigt einen Kaffee zu machen ohne Gas und Feuerzeug wird schwierig. Glücklicherweise leiht uns jemand neben unserem Camp sein Feuerzeug. Somit können wir ein Feuerchen machen. Es gibt türkischen Kaffee in einem extra Pfännli. Zwei Kaffeelöffel Kaffeepulver (extra cardamome & dark roast), einen knappen Kaffeelöffel Zucker, Wasser, fest umrühren: Das Pfännli stellt man dann in oder neben die Glut. Wenn der Kaffee kocht und hochkommt, ist er fertig.
Einen Beduinentee machen wir auch noch. In einem Emaille-Kännli: Mit Wasser füllen, in oder neben die Glut stellen, wenn das Wasser kocht, einen Teelöffel Schwarztee und ein wenig „Marmareia“ (wilder Salbei aus dem Sinai) dazugeben, ziehen lassen und mit oder ohne Zucker in ein Gläsli geniessen.
Ja, es ist wirklich ein FeuerCHEN, ein PfännLI, ein KännLI und ein GläsLI, im Vergleich zu unseren Gewohnheiten. Was wir für Kaffeekannen, Teekrüge und Teetassen haben! Bis wir den Tee zur Hälfte getrunken haben, ist er schon kalt. Die Teegläsli hier erinnern mich an Schnapsgläser bei uns. Die riesen Feuer, welche wir bei uns für ein paar WürstCHEN machen, danach glüht es noch 2 Stunden, man könnte das ganze Quartier einladen, um ihre WürstCHEN drauflegen zu kommen.
Nun ist es elf Uhr, die Sonne brätscht, der Wind tätscht, das Dilemma von kalt im Schatten und heiss in der Sonne beginnt. Schnorcheln wollte ich eigentlich, hier im Unterwasserparadies. Wobei heute das Meer den Kitesurfern gehört, so bläst‘s.
Haare waschen sollte ich auch mal, überhaupt duschen, aber Wasser ist hier in der Crusoe-Wüste rare Ware. Zum Glück gibt’s weder Spiegel, sonst bekäme ich wohl einen Herzinfarkt, noch Leute, welche meine Ungepflegtheit stört. Zudem hier ja alle das gleiche freiwillige Los gezogen haben.
Was für Sorgen!