So sitze ich jetzt gemütlich immer noch am selben Ort, in der Wüste am Roten Meer in meiner Wüstenidylle, hinter mir die Sinai-Kette, imposant, die „Heimat“ der Beduinen, auf der anderen Seite des Meeres, es gibt einem schon fast das Gefühl an einem See zu sein, so nah liegt Saudi Arabien. Dann links, drei Stunden Autofahrt, Israel. Ein Hexenkessel der Bedrohungen, ein friedliches sich bekriegen, ein unüberschreitbarer Grenzverkehr.
In meiner Ferien-Fantasiewelt werden die Beduinen zu Frauenversteher und ich zum Beduinenmitglied auf der männlichen Seite. Wir machen Feuerchen und kochen zusammen, schmieden Schnorchel oder Einkaufspläne, schwatzen und geniessen die Stille oder besser gesagt das Rauschen des Meeres oder des Windes. Für mich wie für die Beduinen, wie auch für andere Ägypter eine irreale Realität, für mich für zwei Wochen, für sie meist täglich, wenn sie mit Touristen zusammen sind. Wir bringen ihnen ein Stück Ferne und Schwerelosigkeit in ihren Alltag, sie holen uns aus unserem Perfektionismus, aus unserer Borniertheit und lernen uns loslassen. Tausend und eine Nacht-Theater für zwei Wochen auf simpelste Weise. Winwin.
Gestern schwor ich, auch bei festem Wind ins Wasser zu gehen. Heute konnte ich also nicht kneifen. So planten wir, meiner Haut zuliebe, erst nach 14 Uhr uns ins Meer zu begeben. Aber bis ich nur schon am Wasser angelangte, 5m vom Windschutz entfernt, war ich tiefgefroren, tauchte meinen Zehen ins Nass und rannte zitternd wieder in den Unterschlupf. Um 15h, nachdem ich die Lagunenspitze abgeklappert habe, fand ich schlussendlich eine Stelle, 30m entfernt, wo man einigermassen windgeschützt ins Wasser steigen konnte. Ich brauchte zwei Anläufe, bis ich es dann schaffte. Brille und Schnorchel montiert, Flossen angezogen, und Hü. Ein paar Schwärme Minifischchen, solche dem Schweizer Durchschnittsaquariumsfisch ähnelnd, eine Moräne auf Wanderung, einen Kofferfisch und einen flachen sandfarbenen Fisch erspähte ich. Das war’s dann aber auch schon. Trüb von Wind und Wellen war das Meer sowieso, und nach höchstens zehn Minuten, begann langsam aber sicher mein Körper Kältealarm zu melden. Meine Finger waren schon weiss und meine Zehen erwiesen sich der gleichen Farbe, nachdem ich sie aus den Flossen auspackte. Da kam mir der Schwimmunterricht meiner Schulzeit wieder in den Sinn. Ein Trauma hinterliess er mir. Nach dem Kilometer langen Schwimmen lag ich immer auf dem heissen Betonboden und wärmte meine weiss gewordenen Hände am noch heisseren Dolendeckel, bis sie wieder Blut ihre Finger bekamen.
Dieses Mal wärmte ich sie auf den warmen Steinen, aber zuerst nahm ich eine Dusche. Judihui. Mit einem von der Sonne aufgewärmten Plastikkanister über mich ausleerend. Eine Wonne, und sich danach so sauber fühlend. So einfach ist Glückseligkeit in der Wüste!
Dann kam Ahmed aus Dahab zurück mit allem was ausgegangen war und: Mit frischen Calamari. Er wusch sie im Meer und nahm seine Küche in Beschlag. Zwiebeln, Karotten, Knoblauch, Tomaten und Kartoffeln kamen mit in dem Topf. Tahini wurde mit Wasser, Zitronensaft und Olivenöl vermischt, das war die Sauce dazu, und es durfte nicht fehlen: frisches Fladenbrot. Es gibt hier zwei Sorten davon: Das ägyptische, handgross, ein bisschen dicker als das Beduinenbrot, das arabische, pizzagross und hauchdünn. Beide sind innen hohl, beide sind unglaublich fein. Zudem gäbe es noch viel mehr Varianten in Ägypten.
Ich als Brot-Tiger kann ihnen also schon nur wegen dem verschiedenen Fladenbrot eine Reise in dieses Land empfehlen.