Jetzt werde ich doch bald 50, in genau einem Monat. Eine satte Zahl. Ein halbes Jahrhundert. Eine riesen Sause soll es geben. Eine „vaca entera“ war mal die Parole. Nun, da müsste ein ganzes Dorf eingeladen werden. Beziehungsweise zwei, denn die Hälfte der Einwohner sind ja inzwischen Vegetarier oder Vegan geworden. Oder Flexitaner und machen einem ein schlechtes Gewissen. (Ausser im Elsass, da gehört noch zu jedem Essen eine Saucisson oder Speck oder gar ein Entrecôte serviert.)
Somit wird die Vaca entera auf den Sechzigsten verschoben. Vielleicht sind bis dann die Veganer vegetarisch, die Vegetarier Flexitarier und die Flexitaner Carnivoren geworden.
Ich liege immer noch oder wieder im Bett, mit Cappuccino auf dem Tischchen nebendran. Aufs Sofa kann ich nur bedingt, denn daneben ist meine Freundin B und macht Yoga. Und was für eines! Das letzte Mal sah ich zu und mir lief der Schweiss den Rücken runter, schon nur vom Zusehen. Danach gab’s eine Lektion Pilates und ich machte mit. Das war am Sonntag. Mir machen die Muskeln über den Rippen noch heute weh.
Nun, heute nach ihrem Yoga und meinem Cappuccino komm ich dann dran. Es gibt kein Entrinnen. Man hat ja nicht so oft eine Yoga- und Pilateslehrerin zu Besuch.
Sie bemerken vielleicht die feine Nuance zwischen ‚vaca entera‘-Cappuccino-im Bett im Schlafzimmer und Yoga-Pilates-auf der Matte im Wohnzimmer, und das erst noch am frühen Morgen. Dieser feine Unterschied macht sich dann auch rein optisch bemerkbar: B hat null „Röuälli“, meine thronen über den verkaterten Muskeln. Und Alters-Ausreden gibt’s auch keine…
Was noch zu erwähnen ist, dass ich hier nicht im ausgeleierten Pyjama rumliege, sondern in neuer Seidenwäsche. Da ich nun man bald fünfzig werde, habe ich mir ein bisschen Seidenaccessoires geleistet. Zwar nicht von “La Perla” oder « agent provocateur », da müsste ich Serafino verkaufen, was ich manchmal, wenn er saudumm tut, auch zwei Millisekunden denke, aber Seide mit Spitze trotzdem. Das hätte ich vielleicht früher anfangen sollen, saumässig angenehm ist das, und hätte in meinen jugendlichen Jahren wohl auch noch viel besser ausgesehen.
Aber wenn ich jetzt weiter mit B ein bisschen an meiner Fett-Muskel-Balance arbeite, werde ich zwar nicht jünger, aber die Seide schmiegt sich dann an meinem wohlgeformten Body anstatt meine Röualli halbwegs zu kaschieren. „Im Alter muss man etwas tun, um gut auszusehen“ meinte B.
Seufz.