Zeit

Was ich mir gestern alles vorgenommen habe! Also nicht wirklich was grosses wie die Welt erobern oder noch besser, die Welt verbessern. Nein, aber trotzdem viel zu viel. Zum Beispiel die Kleider sortieren. Die, welche von den Motten zerstört wurden und welche noch einigermassen heil sind. Das ist ein Elend mit diesen Motten. Da habe ich vor drei Jahren Grosses Vollbracht. Nämlich ALLE Kleider gewaschen, ich habe doch eine grosse Sammlung, und die Schränke geputzt, eingegiftet, Löcher und Ritzen mit Klebestreifen abgeklebt, damit ja keine Motte mehr überlebt, und wenn, dann nirgends ein einziges Eilein legen kann… Kasch dängge! Mindestens ein Männlein und ein Weiblein müssen überlebt haben, ein Ritzlein gefunden, und ihre Jungen haben sich durch meine neue Hanro Wolle-Seide-Unterhemden und durch meine schönen Kaschmir Pullover gefressen. Einen Monat Arbeit für die Katz.

Nun, die Kleider liegen heute noch auf dem Haufen, denn ich habe mir gestern noch anderes vorgenommen, wie zum Beispiel, das Bad reinigen, vollbracht, oder das feine Ölivenöl aus Ligurien mal in einen kleineren Behälter abzufüllen, um es mit dem exzellenten Toskanischen zu vergleichen. (Ja, ja, ich weiss, es gibt kein besseres als aus der Toskana.) Nun war ich vorsichtig, zu vorsichtig anfangs, damit ich das Keramikgefäss nicht überfülle. Extra auf einem Holzbrett habe ich die Aktion ausgeführt. Man weiss ja nie. Oder man weiss eben doch. Denn wenn ich zu vorsichtig bin, überkommt mich danach der Übermut, und es kam wie es kommen sollte: Es überlief… Nun kann man so feines Olivenöl ja nicht einfach wegspülen. Für das Holzbrett einzuölen war es zu viel ausgelaufenes, für meine Blockflöten zu olivenlastig. So musste der Tisch meines Grossvaters herhalten. Seine Beine lechzen schon lange nach einer Ölung. Ich verbrachte also eine ganze Weile mit einölen, auch die Kochlöffel und die hölzernen Messergriffe wurden eingeölt. Und meine sich schälende Haut dazu, adieu brasilianische Bräune. In der Zwischenzeit war die Putzfrau angekommen und schon auch fleissig am Staubsaugen, um meine Kleiderhaufen und meine Ölaktion. Auch kam ihre Tochter noch vorbei für einen Schwatz, die Nachbarin um uns alle zu sehen und und und. So blieb mir nichts anderes übrig, als das Spiel des Lebens, nämlich „die Zeit läuft einem davon“ mitzuspielen und es zu geniessen. Was soll’s. Ob ich jetzt zwei Löcher mehr im Pullover habe oder nicht.

Und ja, Serafino findet es sicher auch netter, auf der Weide im Wind zu grasen, als auf dem Plätzchen die Übungen zu machen. Und dann war auch schnell Abend. Aber immerhin ist jetzt die Wohnung sauber, das Holz geölt, und vielleicht schaffe ich es heute, meine Kleider zu sortieren und der verlöcherten Wahrheit ins Angesicht zu sehen….mir graut jetzt schon davon!