Marokko, ein Land mit viel Geschichte. Oder vielmehr ein Territorium mit viel Geschichte. Da waren wohl alle. Von den Römern zu den Osmanen, den Juden, jeglichen Berberstämmen, den Arabern und natürlich auch die Amerikaner und die Europäer waren und sind noch immer da. Alle brachten ihre Kulturen, Religionen und Gebräuche mit. Akzeptierten und/oder stritten sich. Wollten ihr Stück vom Kuchen und/oder bestimmten über die Verteilung.
Nun auch ich war im Märchenland. Tausendundeinenacht. Herrliche Paläste, Riads genannt, durfte ich bewohnen. Durch die Gassen schlendern und billig wunderbares Kunsthandwerk bestaunen oder kaufen. In einfachsten Ateliers mit alten Werkzeugen hergestellt. Immer freundliche Menschen begrüssten mich. Meist mit ein paar fehlenden Zähnen. In Marokko verdienen die Menschen wenig bis fast nichts. Und arbeiten viel. Können sich aber, wie die meisten Menschen auf diesem Planeten, ihre Gesundheit kaum leisten. Das Tausendundeinenacht ist uns Ausländern vorbehalten.
Mit dem Mietauto fuhren wir durch die fertile Landschaft. Dank den Bergen und den Flüssen sind die Täler seit Jahrhunderten gut bewässert. Von Rabat nach Chefchaouen und weiter nach Fes. Unterwegs die fleissigen Menschen auf den Feldern bestaunend, mit Pferd, Esel oder Maultieren bestückt. Gut genährt und muskulös waren die Tiere, denn sie konnten, während dem sie bepackt wurden, das feine Grün um sie herum fressen. Darauf mussten sie rennen. Hü. Mit Ware und Menschen auf dem Buckel oder im Schlepptau. Aber auch die Menschen hier sind muskulös. Traktoren sahen wir auf unserer Reise ganze vier. Und Autos können sich die wenigsten leisten. Darum wird, wenn kein Vierbeiner einem trägt, zu Fuss gegangen, Fahrrad gefahren oder eine Mitfahrgelegenheit gesucht.
Schäfer hat es auch viele. Entweder sie hüten nur eine Kuh oder ganze Herden. Meist Schafe oder Ziegen. Mit Stöcken werden sie getrieben oder von der Strasse weggehalten. Nur sind die Tiere nicht so dumm. Flink grasen sie sich der Strasse entlang. Denn da wächst der Halm, nicht auf dem Teer. Ansonsten werden die Tiere an langen Seilen angebunden oder ihre Vorderbeine zusammengebunden. So kommt kein Esel weit.
In den Städten hat es tausende von Katzen. In jeder Ecke und jeder Ritze sitzt oder schläft ein Kätzchen. Und werden von den Bewohnern gefüttert oder sie reissen die Abfallsäcke auf. Irgendwie geben die Katzen dem Ganzen noch einen mystischen Touch dazu.
Zudem war Ramadan. Eigentlich schon fast ein Volksfest, dieses gemeinsame Fasten und Leiden. Die Kinder sind stolz, wenn sie auch schon ein paar Tage gefastet haben. Dann sind sie wie die Grossen. Tagsüber schleppt man sich müde durch den Tag. Dann, eine halbe Stunde vor dem Fastenbrechen, leeren sich die Gassen und Strassen, die Läden werden geschossen, nachdem die letzten sich noch schnell was zu essen oder zu trinken kauften, und man eilt mit dem Blick auf die Uhr nach Hause. Es wird menschenleer und totenstill. Nur die Katzen und wir Touristen schlendern noch durch die Strassen. Dann erklingt die Sirene und von den Minaretten wir mit schöner oder weniger schöner Stimme zum Beten und Fastenende aufgerufen. Man versammelt sich Zuhause, auf den Dächern oder gemeinsam am Meer. Die Strassen bleiben leer, denn es wird gegessen und getrunken. Jeden Abend ein kleines Fest. Und danach geht’s meist raus. Die Strassen leben wieder auf. Die Läden machen wieder auf. Man versammelt sich und geniesst das Beisammensein mit Nahrung. Die Kinder spielen, die Menschen schwatzen und lachen. Die Nacht lebt.
Und wir werden langsam müde von den vielen interessanten Eindrücken. Und ziehen uns in unser Märchenschloss zurück.