Valentinsstress

Vor ein paar Tagen war Valentinstag. Überall hängen Herze rum, im Restaurant werden Spezial-Menüs serviert, die Blumenläden und überhaupt alle Läden preisen spezielle Valentinstag-Angebote an. Rote Unterwäsche mit Blümchen oder Herzchen. Echt jetzt?

Eigentlich sollte man diesen Gebrauch abschaffen. Denn in einer festen Beziehung geht er dir auf den Sack (ausser der Partner vergisst ihn), in einer lockeren ist der Tag ein heisses Eisen, und als Single bist du frustriert. Oder tust so, als ob du es nicht bist. Man könnte eigentlich sagen, der Valentinstag ist für Singles wie der 1. November für die Hinterbliebenen. Ein unterdrückter Trauertag. Vielleicht ist er noch vielmehr. Ausgrenzung zum Beispiel. Und ganz sicher ein Marketingstag. Wie Black Friday. Nur mit doppelt so hohen Preisen.

Weihnachten könnte man auch gleich abschaffen. Stress hoch drei. Erstens Familien Alarm , zweitens Geschenke- und Dekorationsstress und drittens Völlerei. Mit dem Familienalarm kommt dazu, dass heutzutage diese alte Form von „eine Familie“ nicht mehr existiert. Somit man, falls Kinder vorhanden, meist mit vier Grosselternpaaren einzeln gefeiert werden muss, da sie alle neue Partner haben. Und es meist unmöglich ist, die zu kombinieren. Dann die Frage, wer der Eltern am 24. ,und wer am 25. mit den Kindern, seien sie so alt wie ich oder jünger, feiern darf/muss/kann., erschwert die fröhliche Zeit auch noch..

Dann das moderne Credo: Keine Geschenke. Das klappt nie. Die Kleinen ziehen einen Lätsch und die Grossen können es nicht lassen. Zumindest die Gastgeber sollten doch was kleines bekommen. Und für die Gäste nur das beste: Ein Weihnachtsbaum wäre doch schön, und ein paar Engelchen. Und Kerzen. Und und und. Ja, und die Völlerei, die ist unumgänglich mit all diesen vielen Weihnachtsabenden. Welche sich meist jeden Abend bis fast Silvester reihen. Wehe es hat noch jemand Geburtstag. Dem vergeht das Feiern gleich. Der sehnt sich nach Einsamkeit und Fast-food.

Nun, wenn wir da schon vom Stress sprechen, dann kommt mir noch ein Stress in den Sinn. Nämlich der Weggeh-Stress. Vielleicht ist der mir auch einfach eigens. Oder nur ich empfinde ihn so. Sei es, ich bin eingeladen, ich muss zur Arbeit oder gehe in die Ferien. Ich bin kurz davor gestresst. Was soll ich anziehen? Ist es kalt oder warm? Passen die Schuhe? Soll ich die Haare waschen oder nicht? Habe ich alles dabei? Geht mein Auto noch an? Hat es Stau? Fährt der Zug (Frankreich)? Fliegt das Flugzeug? Kommt das Taxi? Höre ich den Wecker? Werden meine Pflanzen richtig gegossen, wenn ich weg bin? Klappt alles mit Serafino? Noch schnell aufs Klo oder abwarten? Am Flughafen: Wie lange braucht es zum einchecken? Hat es viele Leute am Security-Check?

Und im Auto: Kann der Idiot da vorne nicht mal nach rechts? Sonntagsfahrer! 80, geht’s noch?!! Schon wieder rot! Im Zug und im Flugzeug die grosse Nervenfrage: Erwische ich den Anschluss? Beim einchecken: Muss ich mein Handgepäck abgeben. Habe ich Übergewicht? Kommt mein Koffer an?

Eigentlich müsste ich nach jeder/m Fahrt/Flug direkt einen Schönheitsschlaf absolvieren. Ich will gar nicht wissen, wie ich aussehen würde, wenn ich diesen Stress nicht hätte. Faltenlos mit Fünfzig. Seufz.

So bin ich jetzt überpünktlich in Amsterdam gelandet, ein Viertel Falte reicher, und schon geht der Stress los, obwohl ich genug Zeit habe. (Die Falte wächst). Vielleicht sollte ich doch echt mal meine Nerven überdenken. Oder: Reisen abschaffen…? Niemals! Lieber Faltenhund-mässig an einem Reise-Stress-Herzinfarkt sterben.