Hier bin ich nun im Norden Brasiliens und geniesse „a vida tropical“. Gerade muss ich wieder in den Schärmen segglen, eine Regenwolke lässt sintflutartig grüssen. Kaum ist man im Schärmen, hört es wieder auf giessen und die Sonne lässt alles erstrahlen.
Gestern Abend war ich auf der Suche nach weissem Rohrzucker hier im Haus meiner Freunde. Vergebens. Und Eis war auch nur wenig da. Im Supermarkt staunte ich schon, dass es keinen weissen Zucker mehr gab. Enttäuscht aber entschlossen, schmiss ich meine schon zerkleinerte Guave in den Mixer, und es gab Fruchtsaft anstatt Caipifruta. Eine Stunde später kamen meine Gastgeber dazu. Ich erzählte ihnen von meinem vergeblichen Versuch, einen Caipirinha zu machen. „Mas tem açúcar!” Und dunkelbrauner Zucker wurde hervorgeholt. Eine Maracujá wurde geöffnet, einen Esslöffel davon mit dunklem Zucker in einem Glas zerstossen. Ich traute meinen Augen nicht. Danach kam guter weißer Cachaça hinzu, Eis in einen Tender, der Cachaça-Maracuja-Mix zum Eis, und es wurde geschüttet, nicht gerührt. Aha! Nun habe ich jahrelang weissen Rohrzucker aus Brasilien mitgeschleppt, weil es bei uns nur diesen „unbrauchbaren“ dunklen Rohrzucker gab. In der Zwischenzeit gibt’s bei uns den weissen auch, was mein Gepäck um einiges erleichtert hätte für den Rückflug. Jetzt dürfen wir aber genauso den braunen, noch besser: Den ganz dunklen Maskovado Zucker nehmen. Dazu wird heutzutage geschüttelt und nicht gerührt. Soso.
Ähnliches habe ich mit dem Fleisch erlebt. Mein erstes Mal Argentinien. Vor über 25 Jahren. Grösste Erwartungen an das beste Fleisch der Welt und die berühmtesten Grillgelage,„Parillada“ genannt. Nun, zuerst gabs Käse grilliert, Provolon, dann Würste, herrlich, meine Lieblingswurst die Morcilla, eine kleine Blutwurst, dann jeglichste Innereien wie Milke, genannt Mollejas, mit Zitrone ein Gedicht, Nieren (wäh) und Darm (ja!) (naja), Chinchulin, dann mindere Stücke Fleisch, danach Hühnchen und zuletzt, wenn man völler denn voll ist, das beste vom Rind, el Bife de chorizo. Und zwar komplett durchgebraten! Auf meine Frage warum, gab es die Antwort, sie mögen kein Fleisch essen, welches einem ansehe und noch Muh mache. Aha. Aber jetzt kommt’s. Es war zarter denn zart und schmeckte himmlischer denn himmlisch. Bei uns wäre das Schuhsohlen ähnlich. Soviel zur Qualität des argentinischen Fleisches.
Geht man aber jetzt nach Argentinien oder spricht mit ArgentinierInnen, so isst man das Fleisch ‘saignant‘, also innen fast roh wie in Frankreich, und das sei schon immer so gewesen. Durchgebraten sei ein Frevel. Soso.
Ich kann nur empfehlen, mal sehr gutes Fleisch durchzubraten, dass es draussen eine Kruste hat und, wenn eben gute Qualität, sollte es innen immer noch zart sein wie Butter. Es schmeckt ganz anders. Viel intensiver. Viel aromatischer.
Ich kann auch empfehlen, mal, sofern man guten Cachaça hat, einen Caipi mit weissem Rohrzucker anzurühren. Und ja, noch was, was früher scheinbar gemacht wurde, den grössten Teil der Zeste der Limette wegzuschneiden. Dann schmeckt man den (guten) Cachaça und die Früchte besser.
Und dazu sollte man guten Samba oder guten Forro hören :)