Nähkästchen

E meinte, ich solle mal über meine Männer schreiben. Um Gottes Willen! Das müsste ich ja undercover. Stellen sie sich vor! Die Emanzipation lässt auf sich warten und 2022 hat uns Frauen bis jetzt nur auf die Kappe gegeben. Leider ist es als Frau immer noch nicht wirklich angesehen, aus dem Nähkistchen zu plaudern, bzw von seinen Eskapaden, wenn man die überhaupt so nennen darf, zu erzählen. Wie gerne würden wir doch als Junggesellinnen, Schürzenjägerinnen, Casanovae, Männerheldinnen, Sugarmommies etc betitelt werden. Aber nein, wir sind Flittchen, leichte Mädchen, Schlampen, Bitches, Huren, Cougars und weiss der Geier was. James Bond darf rumvögelnd einen Held sein. Miss Moneypenny von beidem nur träumen. Aber wer will schon Miss Moneypenny sein!

Da hat es nämlich skurrile Geschichten in meinem Nähkästchen. Sehr amüsante dazu. Inklusive Dramen. Aber das Leben wäre ja langweilig ohne Dramen. Zudem kommt nach jedem Drama wieder ein neues Abenteuer. Und es gibt so viele tolle Männer auf dieser Welt. Der Mann fürs Leben? Das ich nicht lache. Ausser man stirbt früh oder lernt sich spät kennen. Und natürlich: Ausnahmen bestätigen die Regel. Ein paar wenige haben sich den Prinzen geangelt.

Apropos angeln: Fliegen fischen. Wissen sie, was das ist? Ich auch nicht, bis ich mich in einen wunderschönen Mann verliebte, mit welchem ich rein gar nichts gemeinsam hatte, aber für ein bisschen Amour und Drama braucht es das auch nicht. Nun, sein Hobby war unter vielen anderen sportlichen: Fliegen fischen. Das hat nur im entfernten was mit Fliegen zu tun, denn man steckt weder eine lebendige oder tote Fliege an den Haken, noch fängt man mit der Angel Fliegen. Nein, des Fliegenfischers sehr ästhetische Angel und Schnur fliegt zwar durch die Luft, also die Schnur, um den auch sehr hübschen, der natürlichen Beutetiere nachgeahmten Köder, die sogenannte Fliege, präzise ins Wasser zu setzen, um den Fischen den Köder sozusagen vors Maul zu werfen, in der Hoffnung sie beissen dann an. Langsam und achtsam muss die Leine im perfekten Tempo zurückgekurbelt werden, immer noch eine Anbeiss-Taktik, sonst würde die schöne Schnur mit der schönen Fliege absaufen. Diese sogenannten Fliegen müssen meist selbst gebastelt werden. Für jeden Fluss und jede Fischart eine spezifische Fliege. Aus Federn und sonstigen schönen Materialien. Stundenlang mit viel Fingerspitzengefühl und Präzision.

Nun will auch so ein Wurf und sein zurückholen geübt sein, auch schon nur die Visualisierung des Fisches. Und dann braucht es verschiedene Ruten und Schnüre und und und. Und jetzt kommt der Clou: Dann wird endlich mal gefischt und endlich angebissen und dann: Der Fisch wieder frei gelassen. Catch and Release nennt sich das. Meine Nerven! Zugegebenermassen sind die verseuchten Fische im Rhein und im Doubs (leider ja) auch nicht so bekömmlich, und in den Tropen ist der Bonefish, des Fliegenfischers Highlight, ein scheuer und darum höchst schwierig zu fangender Fisch, ungeniessbar, weil zu viele Gräte (daher der Name). Es gäbe natürlich noch den Lachs. Aber wo’s den noch geniessbar gibt, ist es kalt. Und jetzt kommen wir zum Nähkästchen: Was macht man als Freundin eines Fliegenfischers? Mitangeln? Sehrwohrschä würde G sagen. Ich sage es ihnen: Entweder sich hinter dem Elektrozaun (damit man von den Bären nicht gefressen wird) einen abfrieren (ohne mich!) und danach feinen Lachs essen (den einen nicht freigelassenen) oder sich zu Tode langweilen.

In den ersten gemeinsamen Ferien auf einer Insel im indischen Ozean mit dem wunderhübschen Fliegenfischer-Mann, hat er es sich netterweise verkniffen, zu angeln. Er hatte aber auch keine wirklich brauchbaren Fliegen mit dabei. Danach ging’s gemeinsam in die Karibik, mit Ruten und dem ganzen Klimbim, dieses Mal gut vorbereitet. Wir gingen in ein Naturschutzgebiet, absolut herrlich. Ein Schnorchelparadies inklusive leeren Stränden. Absolut romantisch mit dazu. Nur, morgens musste schon bei Sonnenaufgang geangelt werden, Mittags auch, nachmittags noch zum trainieren, bei Sonnenuntergang sowieso, und nachts war er platt. So war ich morgens alleine im Bett, sass tagsüber alleine am Strand, trank alleine Apéro Abends und sah mir den Sonnenuntergang alleine an. Ich wurde per Boot an den schönsten einsamen Stränden abgeladen und hockte da mit meinen Büchern alleine unter dem mitgebrachten Sonnenschirm. Bis dann einmal ein Familienvater zu mir kam: „ Madame, si vous vous sentez trop seul, vous pouvez nous joindre“. Was soviel hiess: Sie arme, sie sind ja immer alleine, wollen sie sich zu uns gesellen? Buhuhuuuuuu. Ich verneinte dankend, alles bestens, und heulte nachher meine Einsamkeit aus dem Bauch. Am nächsten Tag, um der Einsamkeit und der Scham zu entkommen, opferte ich mich und ging mit Lektüre mit zum Fischen, dieses Mal auf einem Motorboot inkl Angellehrer, der sah die Bonefishes-Schwärme von weitem und wusste genau, wo die Fliege platziert werden musste, damit einer der Fische anbeisst. Acht satte Stunden schwitzte ich da in dem unbequemen Holzboot, mir taten die Knochen weh. Und mich abkühlen im Nass konnte ich auch nicht viel, sonst waren die Fische weg. Dafür konnte ich applaudieren und Fotos machen, von den gecatchten Fischen. Soviel zu Sammler und Jäger. Und soviel zu Traumstränden und schönen Männern! Catch and Release war dann auch meine Devise.

Einige Jahre später wurde mir in Buenos Aires ein Amerikaner vorgestellt. Sehr sympathisch und so weiter. Was er denn noch so vorhabe im Argentinien, fragte ich ihn: Fliegenfischen in Patagonien. Ich wünschte ihm viel Vergnügen und meinte zwinkernd: „Never fall in love with a flyfisher!“