Knochen mit Sosse

Nun hat es soeben an der Tür geklingelt. Azra! Mit einem Teller von ihrer hohen Kochkunst. Wie wusste sie, dass ich Hunger habe? „Deine und Mitou‘s Lieblingsspeise!“. Mitou ist ihr kleiner Papagei. Der weiss, was gut ist. Nur ist jetzt die Frage, welche von unseren vielen Lieblingsspeisen? Es gibt ja deren viele, denn Azra kocht fantastisch. „Knochen mit Sosse“. Aha! Manch einer rümpfe die Nase. Aber Mitou und ich freuen uns. Denn „Knochen geben Geschmack“. Jawoll. So macht ihr Sohn die Stücke mit Knochen des Poulets auf die Seite für die Kochkunst seiner Mutter. Wenn ich zum Halal Metzger gehe, verlange ich für Azra Lammfuss und Knochen. Das gibt’s meist gratis. Natürlich kleinere Quantitäten, als wenn Azra selber geht, denn wer schlägt einer alten Dame schon so bescheidene Wünsche wie Knochen, was für manchereins Abfall bedeutet, aus? „Pouletbrust ist langweilig“ meint Azra. Das finde ich meistens auch. Ausnahmen bestätigen die Regel. Und wissen sie, was ich auch noch liebe, nicht halal, aber fein : Mortadella, Salami, Leberwurst, Blutwurst (in Argentinien und Spanien ‚Morcilla‘), (in Portugal) Blutsuppe, Zunge, Kutteln (türkische Kuttelsuppe: ein Gedicht), Tête de veau, Maulsalat (Schnuuräsalat auf Elsässisch), Rillettes de porc, etc etc. Meist Schweinereien. Im wahrsten Sinne des Wortes. Und meist „Abfälle“ des Tieres.

Aber wieder zurück zu Azra. Wenn Azra kocht, verwendet sie die feinsten Sachen. Nur stelle ich oft fest, dass wir heutzutage diese Zutaten in den Müll oder auf den Kompost schmeissen. Melonenkerne. Haben sie das schon mal gegessen? Herrlich im Reis, sage ich ihnen! Getrocknete Orangen- oder Zitonenschale? Auch herrlich im Reis. Ganze Zitronenschnitze mit Salz und Kurkuma mariniert angebraten? Eine köstliche Beilage. Die Aubergine kocht sie immer mit dem Stiel. Die Chilis auch.

In Portugal hatte ich Marmelade aus Kürbisfäden. Zudem esse ich, während dem ich die Kürbisse schneide die Kerne immer roh. Schmecken herrlich. Übrigens auch Pfirsich und Aprikosenkerne. Man muss ja deren nicht gerade ein Kilo essen. Das Kohlrabikraut gibt wunderbares Pesto, das Radieschenkraut gibt Suppe oder man mischt es roh zum Salat. Es gibt vieles, welches sich essen lässt und zudem noch gut ist, aber wir es uns gewohnt waren, wegzuwerfen. So liegt heute meist nur Plastik bei mir im Müll. Und wieviel! Trotzdem ich jeglichste Tüten von Pasta, Reis, Kaffee, etc aufbewahre und für‘s Sandwich, Gemüse, Resten einpacken wiederverwende. Eigentlich sollte ich diese Plastik- und Papiersäckchen ja auch beim Einkaufen dabei haben. Denn das offene Gemüse könnte man auch darin einpacken. Zudem gibt es des öfteren Läden, wo man gar Reis, Pasta& Co offen bekommt. Naja. Aber wie immer kommt mir das im Laden erst in den Sinn, und ich muss wieder abgepacktes kaufen. Zum Glück habe ich in meiner Tasche immer eine kleine zusammenfaltbare Einkaufstasche, welche aus dem Stoff eines Regenschirms zusammengenäht wurde. Ist das nicht genial? Das bekam ich von einer Frau in Milano, bei welcher ich via Airbnb unterkam. Ihre Mutter würde aus alten Regenschirme Taschen nähen!
Ein Exfreund von mir, Polsterer von Beruf, hat auch alles aufbewahrt und wiederverwendet. Alles. Alte Sofas neu beziehen oder gar ganz auseinandernehmen und restaurieren war ja sein Beruf. Aber aus alten Matratzen gab‘s neue. Einmal der Inhalt, nämlich die Rosshaare, die Wolle etc durch die Maschine zum Lockern, Hopp, und wieder mit neuem Stoff zusammengenäht. Auch Simpleres wurde wiederverwendet. Jedes Stückchen Schnur wurde mit einer anderen zusammengeknüpft, um die gewünschte Länge zu erhalten, jedes Papier oder Karton wurde beidseitig gebraucht, alles wurde geflickt und verwendet, bis selbst ihm seine Mutter die tausendmal geflickte Hose in den Müll warf.

Um ehrlich zu sein bin ich da noch sehr weit entfernt mit meiner Pasta-Säckli-Sammlung und meiner Innereien-Liebhaberei. Ich binde zwar gerade meine Haare mit einem Haargummi aus alten Strümpfen (unschlagbar langlebig!) zusammen, auf mich warten im Schrank schon lange alte T-Shirts, um zu Säckchen verarbeitet zu werden, wobei wohl die Motten damit schon ein paar Feste feierten. Aber dann ist wohl mein Upcycling-Latein am Ende.

Aber wieder zurück zu Azra: Jetzt werden endlich die Knochen mit Sosse gegessen. Yummy!