So sitz ich an einem Donnerstag Abend in meiner kühlen Wohnung, die Heizung ist wieder mal ausgestiegen, Couvre Feu gleich doppelt, und schletze die letzten Orecchiette an Kohlrabi-Pesto runter. Hier in unserem Multikulti-Haus duftet und tönt es aus jeder Wohnung anders. Bei mir heute duftete es nach Knoblauch. Aus einer Nachbarwohnung klang ein bisschen lauter Musik als sonst.
Wie wohltuend, wenn mal andere lärmen.
Da schällt und klopft es an meiner Wohnungstür. Oha. Meine kurdische Nachbarin von unten stand davor: Ich solle doch runter kommen, sie seien gerade am Feiern. Das liess ich mir natürlich nicht zweimal sagen. Husch war ich einen Stock weiter unten, bekam ein Kleenex in die Hand gedrückt, nein, nicht zum Nase putzen, sondern zum beim Tanzen in der Luft rumschwingen. Dann bekam ich links und rechts je einen Ringfinger zum Einhängen angeboten und los ging’s mit tanzen.
Das Geburtstagskind, die 77-Jahre junge Aisha sass auf dem Sofa und freute sich.
Nach dem Tanz bekam ich Schokoladekuchen, ein Glas Rotwein und die Herkunft und Einzelheiten der Familie erklärt. Ein wenig später fingen die Nichte und der Cousin an zu singen, der eine Onkel holte die Saz, der andere klatschte in die Hände und trommelte auf den Tisch und bald stimmten alle ein ihnen bekanntes Lied ein. Ach welche Freude!
Nach ein paar Liedern holte der Sohn Mustafa die Spielkarten, der Esstisch wurde zurück an seinen Platz geschoben, Stühle wurden geholt und die Karten ausgeteilt. ‚Tek‘ rief man in die Runde. Es wurde gelacht, auf den Tisch gehauen, mitgefiebert und dazwischen ein paar Pistazien und Mandeln geknabbert.
Und sowas zu Ausgangssperre-Zeiten. Herrlich!
Zur Abrundung des gemütlichen Abends gab’s türkischen Tee und eine Zigarette in der Küche. Mein Nachhauseweg war ja auch nicht lang.
Zurück in meiner kalten Wohnung krieche ich jetzt unter die warme Decke und träume von Izmir oder den Bergen von Elbistan.