Geburtstag

Oh, welche Glückseligkeit, ein Jahr älter zu werden zu gelockerten Massnahmen. Nein, falsch rum. Nochmals: Oh, welche Glückseligkeit, zu gelockerten Massnahmen ein Jahr älter zu werden. Schon besser.

Wo ein Geburtstagsfest ein Geburtstagsfest ist und nicht so ein Schmürzeli-Dinner.

Und ein Fest gab es. Im Schweizer Asyl. Beim Vorbereiten stellt man fest, dass die Champagnergläser allesamt selbst in den Schränken verstaubten, die grossen Schüsseln und Pfannen irgendwo zuhinterst brach lagen und die grossen Messer immer noch schön scharf schneiden im Gegensatz zum Eremiten-Küchenmesserli.

Da man ja schon nicht mehr weiss, was für mehrere Leute kochen bedeutet, fällt einem nach der zweiten Zwiebel fast das Handgelenk ab vor Anstrengung und nach der dritten ist der Finger mitgeschält. In der Hitze des Gefechts verbrennt man sich dann die übrig gebliebene Pfote am heissen Topf.

Und ja, beim Berechnen der Portionen hab ich vergessen, dass nicht alle so zuschlagen wie ich, und für eine ganze Kompanie gekocht. Zudem waren die Gäste vor lauter Vorfeude in Dessert-Mitbring-Laune, das hätte für die ganze schweizer Armee gereicht.

Vom Schämpis jedoch hatte es fast zu wenig, der wurde bis auf die letzte Flasche geleert. Wen wundert‘s.

Um den Abend musikalisch und tanzbeinisch aufzufrischen, mussten zuerst 3 Stunden alle Bedienungsanleitungen gelesen werden, in der Hoffnung, man wüsste dann wieder, wie die besonders potente Musikanlage funktioniert. Schlussendlich hat dann Plan Z geklappt und alle waren erleichtert.

Der anfängliche Tanzenthusiasmus unterlag alsbald der Müdigkeit, denn seit einem Jahr sind ja alle auf Bauern-Modus gestellt: Mit den Hühnern ins Bett und mit dem Hahn wieder auf oder so was ähnliches. Bei mir war der Faktor ‚schlicht und einfach ausser Form geraten’ wesentlich im Spiel. Eine Stunde tanzbeinen und meine Haxen tun mir heute weh.

So sitze ich jetzt nach 3 Stunden Schlaf mit geschundenen Händen und malträtierten Beinen, oder umgekehrt, im Flugzeug und bin im Zustand der übernächtigten Ekstase. Es riecht und klingt und fühlt sich hier nach erlöster Sehnsucht an. Schon angefangen am Flughafen. Zwar war er Geisterstadt-mässig leer, fast alle Shops geschlossen, inklusive Dutyfree, und ich konnte es kaum glauben : alle Flüge des Tages auf eineinhalb Bildschirmen angezeigt. Aber die Geräusche der Menschen ihr Handgepäck hinterherziehend, die Durchsagen, die von draussen erklingenden Flugzeugmotoren: Herrlich.

Und jetzt im Flugzeug sitzend, das Rauschen der Lüftungen und der Flugzeugdüsen, das Klicken der Bauchgurtschnallen, die Geräusche der Foodwagen, die Stimmen der Crew und das Murmeln der Insassen:

Willkommen zurück im Leben!

Hoch über den Wolken, unter dem blauen Himmel in Begleitung der Sonne. In Richtung anderer Kultur, anderer Sprache, anderen Klängen, anderem Essen, anderer Düfte, anderer Freuden, anderen Menschen und anderen Eindrücken.

„Happy Birthday to me“ sag ich da nur.