Frühling ist es hier im Sinai am Roten Meer. Oder für uns schon eher Sommer. Herrlich. Und alle glücklich, endlich wieder arbeiten zu können, da wir Touristen wieder kommen dürfen. Und da ich hier mit Einheimischen bin, habe ich eine Art Sonderstatus. Eingebettet in einer Männergesellschaft. Denn die Beduinen sind echte Machos und Oberpatriarchen.
Gestern hat H die Beduinen-Freunde in unser Camp eingeladen und auf dem Weg zum Einkauf erzählte mir meine Begleitung, dass es hier eine europäische Frau gab, welche streunende Hunde im Sinai einsammelte und sie weiter weg von den Wohngebieten, in den Bergen, hielt. Es wurden mit der Zeit scheinbar bis zu dreihundert Tiere. Viel Geld wurde für ihr Projekt gespendet, das Geld kam meist von Tierfreunden aus Europa. Nur waren wohl nicht alle Hunde so glücklich in ihrem neuen Heim, vielleicht hat die Frau auch das Hundearabisch schlecht verstanden, und die Retterin wurde vor einem Jahr von ihren geretteten Tieren regelrecht zerfleischt. Die Hunde konnten fliehen, sind sich jetzt in den Bergen am Vermehren und werden langsam aber sicher zur Plage. In den Städten für die Sauberkeit der Strassen und in den Bergen für die Beduinen selbst und ihre Tiere, welche von den verwilderten, hungrigen Hunden bedroht werden.
Nach dieser Story kamen wir bei den Einkaufsläden an und ich habe zum ersten Mal bewusst unglückliche Hühner gekauft und später auch gegessen. Arabisch gegackert haben die. Ich verstand kein Wort. Aber die in ihren verschissenen Käfigen, eng aneinander gepfercht, übereinander gestapelt, am Eingang der Metzgerei gehalten zu sehen, brauchte keine Huhn-Aabisch-Vorkenntnisse, um ihr Leiden zu verstehen. Ihr Tod war für sie wohl eine Erlösung. Eventuell war dies auch mit ein Grund, warum ich doch zwei Hühner kaufte und später ihr zähes Fleisch ass. Mir wurde früher immer gesagt, das Fleisch des Huhnes sei zäh, wenn es viele Kilometer gelaufen sei in seinem Leben. Hier war aber nix von Kilometern, doch zäh war es bei seinem Verzehr trotzdem.
Während die Hühner gerupft und auseinandergenommen wurden, gingen wir Fladenbrot kaufen und ökologisches Sonnenöl mixen lassen. Jedem seinen Beitrag zum besseren Erdenleben. Ist das nicht absurd? Danach spazierte ich mit den Einkäufen zurück Richtung Camp.
H war schon am Gemüse waschen, rüsten, schneiden, Knoblauch mörsern und einiges anbraten, als ich mit den zwei vor dem Weiterleben geretteten, zerlegten Hühnern ankam. Um ihn und die Camp-Bewohner strichen hübsche Katzen umher, wohlgenährt von den Erbarmen habenden Touristen, den Napf immer wieder mit Brekkies und Essensresten auffüllend oder was vom Tisch runterwerfend. Als Dank dafür schnurren und miauen die Kätzchen, ich nehme an auf Katzenarabisch, und die Weibchen werfen jährlich zwei bis dreimal Junge, was die Lage auch nicht einfacher macht. Wehe man lässt die Zimmertür offen oder Essen rumstehen. Die einzigen Vögel, welche hier noch pfeifen, sind die Spatzen und die Tauben. Auch auf Arabisch, Vogelarabisch, nehme ich an. Die Singvögel, arabischer Belcanto selbstverständlich, sind wohl alle zum Opfer von hungrigen Hunden und Katzen geworden.
Ich wollte ja schon immer Arabisch lernen, so eine schöne Sprache. Aber weiter als auf Seite eins im Wörterbuch und im Band 1 „Hocharabisch für Anfänger“ mit 2 Audiokassetten dazu, kam ich leider nicht. Einen arabischen Mann lernte ich auch nie lieben.
So eine komplexe Sprache eigne auch ich mir nicht einfach mal so schnell an, weder zu Hause noch in den Ferien, und auch nicht von arabisch schnurrenden Katzen und arabisch gackernden Hühnern.