Sucht

Als ‚Wir Kinder vom Bahnhofzoo’-Generation ist ja die Angst, aus dem Hinterhalt von der Heroinsucht heimgesucht zu werden ungefähr gleich gross (und unrealistisch), wie Serafino‘s Angst, von einem Puma angefallen zu werden. So bin ich persönlich gegenüber jeglicher Art von Drogen skeptisch. Man weiss ja nie, wie ich da rauskomme. Sowie Serafino mit unbekannten Gegenständen, zum Beispiel einer Lastwagen-Waage, man weiss nie, ob es sich um ein Wolfsrudel-Versteck handelt.

Hätte mir doch auch mal jemand in meiner zarten Jugendjahren, wo ich den Erwachsenen noch fast alles glaubte, gesagt, dass auch gute Dinge des Lebens zum Suchtverhängnis werden!

Die Liebe, beziehungsweise der Zustand des Verliebtseins, hat suchtartige Züge. Dieses ständige Begehren und Verlangen, die Sehnsucht und Bewunderung für den anderen. Ein Sog aus dem man bei Gegenseitigkeit am besten nie wieder rauskommt und bei Einseitigkeit möglichst schnell rauskatapultiert wird.

Apropos Liebe hatte ich mal einen Lover, der war dem Sport verfallen. Sportsucht. Gibt es. Täglich stundenlang im Fitnessstudio und am rumjoggen. Zum Stressabbau und um die Balance zu finden. Und gut aussehen. Irgendwann war mir dann sein gut aussehen einerlei, seine Balance zu einseitig und mir wurde langweilig.

Es gibt noch weitere Süchte, aber schon mal was gehört von der Brotsucht? Der bin ich aber so was von total verfallen. Absolute Abhängigkeit höchsten Grades. Neben mir die feinste Bäckerei, die Dealer hinter der Theke, mit den besten Baguettes und Ficelles (dünnere Baguettes) der Welt. Magische Anziehungskraft. Im Schlafwandel-Modus in den Laden rein und mit dem Baguette under dem Arm wieder draussen stehend, ups, mich wundernd, wie ich denn zu diesem Brot gekommen bin. Zu spät, die erste Spitze ist schon abgebrochen und im Mund. Diese knusprige Versuchung unwiderstehlich. Bis ich zu Hause angekommen bin, ist die halbe Baguette oder die ganze Ficelle im Magen. Doppel-Ups.

In der Wohnung angelangt, lauert eine zweite ähnliche Sucht. Die Pastasucht. Zweimal täglich problemlos. Es rutscht mir zufälligerweise immer ein bisschen zuviel Pasta ins kochende Wasser, ups, und fertig zubereitet war es genau die richtige Portion. Doppel-ups. Die im Herbst gekaufte Männerjeans ist auch schon knalleng. Seufz.

Meine normalerweise dritte Sucht , die Tanzsucht, der Ausgleich zur Brot- und Pastasucht, ist mir leider schon längere Zeit Corona-bedingt abhanden gekommen. Alleine tanzen ist nur halb so lustig, und die Stimmung dazu liegt schon gar nicht mehr in der Luft.

Apropos Luft: Kaffeeduft. Ein Cappuccino muss her!